Die den Pflichtteilsberechtigten am meisten beeinträchtigende Klausel ist die sogenannte Jastrow‘sche Klausel (Pflichtteilsstrafklausel). Bei dieser erhalten diejenigen Abkömmlinge, die keinen Pflichtteil geltend machen, einen zusätzlichen Vermächtnisanspruch aus dem am Nachlass des Erstversterbenden, der jedoch erst mit dem zweiten Todesfall fällig wird. Die "Bestrafung" tritt dadurch ein, dass sich der Nachlass des Erstversterbenden und der Erwerb des Längstlebenden wegen der Vermächtnislasten aus dem Nachlass des Erstversterbenden erheblich reduzieren, und somit auch der Pflichtteil nach dem zweiten Todesfall betragsmäßig verringert wird. Erbschaftsteuerlich führt das auf den Tod des überlebenden Ehepartners gestundete Vermächtnis aber zu einer Anwendung des § 6 Abs. 4 ErbStG mit der Folge, dass damit nicht der Freibetrag nach dem Erstverstorbenen ausgenutzt werden kann.

 
Praxis-Beispiel

Formulierungsbeispiel: Einfache Pflichtteilsklausel

Verlangt einer unserer Abkömmlinge nach dem Tod des Erstversterbenden entgegen dem Willen des überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil, Zusatzpflichtteil oder Pflichtteilsergänzungsanspruch, dann ist er mit seinem ganzen Stamm sowohl für den ersten als auch für den zweiten Erbfall von der Erbfolge einschließlich aller angeordneter Vermächtnisse und Auflagen ausgeschlossen. Der Erbteil wächst den anderen Schlusserben an.

Die hier angeordnete auflösend bedingte Schlusserbeinsetzung wird in nicht wechselbezüglicher und bindender Weise getroffen, sodass der überlebende Ehegatte die Möglichkeit hat, den Ausschluss von der Schlusserbfolge zu widerrufen bzw. wieder abzuändern. Er kann jedoch nur den Zustand wiederherstellen, der vor Eintritt der Enterbung bestanden hat, also den Abkömmling wieder auf die Erbquote einsetzen, die dieser vor der Pflichtteilsgeltendmachung hatte. Er ist nicht berechtigt, eine ansonsten andere Schlusserbfolge anzuordnen.

Ein Pflichtteilsverlangen liegt vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteilsanspruch in einer den Verzug begründenden Weise geltend gemacht hat. Dem gleichgestellt ist der Fall, dass der Berechtigte einen Wertermittlungsanspruch geltend gemacht oder ein notarielles Nachlassverzeichnis angefordert hat. Das bloße Auskunftsverlangen durch Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses führt hingegen nicht zum Eintritt der Bedingung und zu einer Enterbung im Schlusserbfall.

Die Vereinbarung einer Abfindungszahlung für den Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs erfüllt ebenfalls nicht den Tatbestand der auflösenden Bedingung, und zwar auch dann nicht, wenn die Abfindungszahlung bis zum Tod des überlebenden Ehepartners gestundet wird, etwaige Zinsen aber zu Lebzeiten zu entrichten sind. Gleiches gilt, wenn zwischen dem Überlebenden und den Schlusserben eine Verjährungsverlängerungsvereinbarung bezüglich des Pflichtteilsanspruchs getroffen wird.

Wird der Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des überlebenden Ehepartners geltend gemacht, erfüllt dies, unabhängig von der Frage des Bestehens oder der Durchsetzbarkeit des Anspruchs, nicht den Tatbestand der auflösenden Bedingung.

Wird der Pflichtteilsanspruch durch einen Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht (bspw. nach § 93 SGB XII oder § 33 SGB II) geltend gemacht, löst dies den Tatbestand der Bedingung nicht aus. Wird der Pflichtteilsanspruch durch einen Betreuer oder einen Dritten geltend gemacht, führt dies zum Eintritt der auflösenden Bedingung.

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