Sofern Nachsteuerregelungen bestehen, stehen diese zum Begünstigungstransfer in einem Konkurrenzverhältnis. Das zeigt sich am deutlichsten an den §§ 13 a, b ErbStG. Löst der Erbe Nachsteuer nach § 13 a Abs. 6 (früher 5) ErbStG, also eine Veräußerungsnachsteuer aus, können die Begünstigungen nicht mehr nach § 13 a Abs. 5 (früher 3) ErbStG auf einen Erwerber übergehen. Es besteht also ein Konkurrenzverhältnis der Vorschriften zueinander, und zwar im Wege der verdrängenden Konkurrenz.[9] Hat dagegen ein Begünstigungstransfer bereits stattgefunden, ist für die Nachsteuer nur der Enderwerber verantwortlich, denn ihm sind jetzt die Begünstigungen zugutegekommen (rechtlich) und er hat die Verfügungsgewalt über das begünstigungsfähige, aber nachsteuerbehaftete Vermögen (tatsächlich).[10]

Daraus ergibt sich zugleich, dass bei Vorgängen in gedanklichem Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung, die aber einen selbstständigen Veräußerungstatbestand darstellen, kein Begünstigungstransfer stattfinden kann. Das betrifft insbesondere die Abgabe von sachlich begünstigungsfähigem Vermögen durch einen Miterben an einen Pflichtteilsberechtigten oder einen sonstigen Geldanspruchsberechtigten "an Erfüllung statt" (§ 364 BGB). Diese Vorgänge stellen einen Tausch durch die Hingabe des Sachwerts gegen die Befreiung von der Geldverbindlichkeit aufseiten des Erben dar, sind damit ertragsteuerlich Veräußerung[11] und auch Nachsteuertatbestand, z. B. iSd § 13 a Abs. 6 (früher 5) ErbStG.[12] Das wird im Ergebnis auch ohne Nachsteuerregelung für § 13 d (früher c) ErbStG gelten müssen, weil der Enderwerber seinen Geldanspruch ohne Möglichkeit der Modifikation nach dem Stichtag versteuert.

Unterstellt man die ausschließende Konkurrenz zwischen Begünstigungstransfer und Nachsteuer, erscheint die bisherige Handhabung der Abfindungstatbestände nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG durch die Finanzverwaltung nicht zutreffend: Hier findet ein Begünstigungstransfer zugunsten des Endempfängers statt.[13] Dennoch soll der Erbe einen Nachsteuertatbestand auslösen.[14] Diese Regelung erscheint auch sachlich nicht gerechtfertigt, denn dem Erben, der die Abfindung zahlt, wird wohl unbestritten Erwerbsaufwand nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zugestanden, der gerade seine Bereicherung mit Vermögen iSd §§ 13 a, b ErbStG regelmäßig neutralisiert.[15] Die Gefahr der Doppelbegünstigung besteht also nicht.

Bei der Befreiung für das Familienheim von Todes wegen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, c ErbStG) sollte in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass nicht mehr nur, wie nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig (vgl. etwa § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b und c, jeweils S. 5 ErbStG), der Auszug z. B. des Ehepartners aus dem Familienheim innerhalb der Nachsteuerfrist schädlich ist, sondern aufgrund einer Ausdehnung des Wortlauts durch die Rechtsprechung auch dessen Veräußerung. Der Begriff "Veräußerung" wird dabei so weit gefasst, dass selbst die unentgeltliche Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt, die weder im Sinne des Zivilrechts noch des Ertragsteuerrechts noch des ErbStG noch sonst eine "Veräußerung" im Sinne einer entgeltlichen Übertragung darstellt, nachsteuerschädlich sein soll.[16]

[9] Vgl. dazu auch M. Söffing, in Wilms/Jochum, ErbStG, Stand 2016, § 13 a Rn 221.
[10] R E 13 a Abs. 1 S. 5 ErbStR 2011; vgl. auch Geck, in Kapp/Ebeling, Stand 2016, § 13 a Rn 78.
[11] Vgl. dazu z. B. Schmidt/Kulosa, EStG, 35. Aufl. 2016, § 6 Rn 140 "Zugewinnausgleich"; Schmidt/Wacker, § 16 Rn 599.
[13] R E 13 b.1 Abs. 1 S. 4 Nr. 7 ErbStR 2011.
[14] R E 13 a.5 Abs. 3 Nr. 1 ErbStG 2011.
[15] Vgl. Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher, § 10 Tz 231.

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