Das im Vergleich mit dem deutschen Erbrecht sogar noch einmal um beinahe ein Jahrhundert ältere österreichische Erbrecht hat sich als ähnlich beständig erwiesen. Es stammt aus der Urfassung des ABGB von 1811 und blieb seitdem, von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen, weitgehend unangetastet. Das Jahr 2017 bringt nun, knapp 10 Jahre nach der Erbrechtsreform in Deutschland, auch für die österreichischen Nachbarn neuen Wind. Das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 trat mit einigen Bestimmungen in Umsetzung der EuErbVO dabei bereits im August 2016 in Kraft, größtenteils greift es jedoch mit Wirkung zum 1.1.2017. Die Novelle beinhaltet unter anderem eine sprachliche Anpassung. Begriffe wie "Legat", "Fideikommissarische Substitution" oder auch "Noterbe" wurden einer Modernisierung unterzogen und sollen zu einer besseren Laienverständlichkeit führen.[1] Die Reform verfolgt in Österreich vor allem aber auch das Ziel, im Erbrecht die Entwicklungen der letzten 200 Jahre in gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht nachzuvollziehen und (wieder) auf den Stand der Zeit zu bringen.[2] Auch wurden große Teile der gesicherten Rechtsprechung und Lehre der letzten 200 Jahre nun in die erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB aufgenommen und somit schriftlich untermauert.

Neben den nationalen Reformen der erbrechtlichen Regelungen beider Länder rückt auch die für alle Erbfälle nach dem 17.8.2015 anwendbare Europäische Erbrechtsverordnung das Erbrecht ins Zentrum des Interesses der damit diesseits wie jenseits der Alpen vertrauten Zivilrechtler. Ziel der Verordnung ist es bekanntlich, die Abhandlung grenzüberschreitender Nachlässe und Verlassenschaften zu vereinfachen. Dieser Wunsch nach Vereinfachung wurde zuletzt aufgrund der stetig ansteigenden Zahl von erbrechtlichen Sachverhalten mit Auslandsberührung immer größer. Damit einhergehend, eröffnet die Verordnung dem erbrechtlich versierten Juristen aber auch einen immens erweiterten Gestaltungsspielraum – vorausgesetzt jedenfalls, er kennt die Möglichkeiten und Fallstricke beider Rechtsordnungen.

Eine optimale Abhandlung grenzüberschreitender erbrechtlicher Sachverhalte erfordert mehr denn je eine exakte Kenntnis der betroffenen Rechtsordnungen. Auch wenn die Erbrechtsreform in Österreich in sprachlicher Hinsicht für viele Angleichungen an das bundesdeutsche Recht gesorgt hat – blenden lassen sollte sich der deutsche Jurist von diesem vermeintlichen Gleichlauf nicht. Der nachfolgende Beitrag soll dem interessierten Leser überraschende Unterschiede und vielleicht auch Gemeinsamkeiten zwischen beiden Rechtsordnungen deutlich machen.

[1] Das dürfte auch den deutschen Nachbarn zugutekommen, denen die österreichischen Begrifflichkeiten ohnehin teilweise schon einige Zeit nicht mehr geläufig waren.
[2] Pesendorfer, iFAmZ 10/15, Die Erbrechtsreform im Überblick, 230; Schöberl, Nova & Varia 1/16, S. 5 ff.

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