Leitsatz

1. Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Erben ein Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache wirksam mit Stimmenmehrheit kündigen können, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung darstellt, sind auf die Kündigung eines Girovertrages bzw. eines Vertrags über ein Sparkonto übertragbar

2. Eine solche Kündigung stellt eine Maßregel zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung des Nachlasses dar, die zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gehört. Dies ist jedenfalls dann der Fall, um bei einer sicheren Einlage die Erzielung eines höheren Habenzinses zu ermöglichen.

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 24. August 2011 – 13 U 56/11

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder der ungeteilten Erbengemeinschaft nach der am … in … verstorbenen L. (nachfolgend Erblasserin). Ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 11.6.2008 (6 VI 337/05) sind die Kläger zu Ziffer 1. bis Ziffer 3. Miterben zu je ¼ und die vormaligen Kläger Ziffer zu 4. bis Ziffer 10. Miterben zu je 1/32 der Erblasserin geworden. Einer der Miterben zu 1/32, J. R., ist am … verstorben. Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Marienberg vom 11.6.2008 (VI 0180/09) ist C. R. Erbin des J. R. geworden.

Die Erblasserin unterhielt zu ihren Lebzeiten bei der Beklagten ein Girokonto Nr. … (alt: …) und ein Sparkonto Nr. … (alt: …). Das Guthaben auf dem Girokonto wird nicht verzinst, dasjenige auf dem Sparkonto unterliegt derzeit einer Verzinsung von 0,5 % p. a. Die Guthaben beider Konten betrugen am Jahresende nach dem Sterbedatum der Erblasserin – also zum Jahresende 2003 – inklusive der Zinsen insgesamt 31.716,00 EUR.

Ursprünglich hatten alle 10 Kläger die Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 26.2.2010 haben die Kläger zu Ziffer 4. bis Ziffer 10. die Klage zurückgenommen.

Mit von den drei verbliebenen Klägern gefasstem Beschluss vom 4.12.2009 beschloss die Erbengemeinschaft die Beendigung der Geschäftsverbindung zur Beklagten und die Beauftragung des Klägervertreters, der mit Schreiben vom 4.12.2009 die Kündigung der Geschäftsbeziehung der Erbengemeinschaft zur Beklagten erklärte und die Auszahlung des Guthabens geltend machte. Mit weiterem Beschluss vom 20.2.2010 wiederholte die Versammlung der Erbengemeinschaft mit den Stimmen der drei Kläger die Erteilung der Vollmacht an den Prozessbevollmächtigten betreffend die Kündigung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten sowie die Prozessführung.

Die Kläger zu Ziffer 1. bis Ziffer 3. begehrten die Kündigung der Konten bei der Beklagten, um bei einem anderen Geldinstitut zu einer Verzinsung gleich bzw. über dem Kaufkraftschwund bei 100%iger Einlagensicherheit anlegen zu können.

Sie haben die Auffassung vertreten, die von ihnen erklärte Kündigung sei wirksam, da sie mit Stimmenmehrheit der Erbengemeinschaft beschlossen worden sei. Die Nachlasssubstanz werde durch die verfahrensgegenständliche Kündigung nicht negativ betroffen. Vielmehr sei die Erbengemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung berechtigt, jederzeit Sparkonten begründen oder beenden zu können. Ferner haben sie die Ansicht vertreten, die Erbengemeinschaft sei bei Fortbestand der Geschäftsbeziehung zur Beklagten zur geltend gemachten Einziehung der Kontenguthaben auch ohne eine Kündigung berechtigt.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung die Beklagte verurteilt, an die Erbengemeinschaft über den Nachlass der am 1.2.1920 in … geborenen, zuletzt in … wohnhaft gewesenen, am … in … verstorbenen L. 31.716,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.1.2010 zu zahlen. Wegen der weitergehenden Zinsforderung ist die Klage im Übrigen abgewiesen worden.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, insbesondere sei das Erfordernis des Vorliegens eines hinreichend bestimmten Antrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gegeben. Nicht erforderlich sei, dass sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft, an die die Zahlung begehrt werde, im Antrag namentlich bezeichnet würden. Die Klage sei auch überwiegend begründet. Die Kläger hätten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung der Guthaben der auf den Namen der Erblasserin geführten Sparkonten. Eine wirksame Kündigung der Konten durch die Erbengemeinschaft liege vor, soweit dies erforderlich sei. Eines – unstreitig hier nicht vorliegenden – einstimmigen Beschlusses der Erbengemeinschaft bedürfe es nicht. Auch könne dahinstehen, ob die Kündigung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten eine Verfügung nach § 2040 Abs. 1 BGB darstelle. Selbst wenn dies der Fall wäre, bedürfe es gemäß § 2038 BGB für die Wirksamkeit der Kündigung keiner einstimmigen Entscheidungen der Erbengemeinschaft, da diese Vorschrift im vorliegenden Falle die Regelung des § 2040 Abs. 1 BGB verdränge. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 11.11.2009 (VI ZR 210/05) entschieden, dass die Kündigung eines Pachtvertrags über ein Nachlassgrundstück durch eine Erbengemeins...

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