Den Wiederverheiratungsklauseln ist jedoch in Gestalt der Sittenwidrigkeit eine Grenze gesetzt. Seit der Hohenzollernentscheidung des BVerfG[5] ist das Augenmerk nun darauf zu legen, inwiefern die Wiederverheiratungsklausel unzulässigen Druck auf die durch Art. 6 Abs. 1 GG verbürgte Eheschließungsfreiheit des verbliebenen Ehegatten ausübt. Die Sittenwidrigkeit droht umso eher, je weniger dem überlebenden Ehegatten im Fall der Wiederverheiratung verbleiben soll.[6]

Das BayObLG hatte eine Klausel mit Anordnung der gesetzlichen Erbfolge im Fall der Wiederheirat für unbedenklich erklärt.[7] In diesem Fall verblieb dem erneut heiratswilligen Ehepartner sogar sein gesetzlicher Erbteil in Höhe der Hälfte des Nachlasses des Zuerstversterbenden.

Das OLG Saarbrücken[8] geht in seiner Entscheidung noch etwas weiter: Es hat eine Wiederverheiratungsklausel für sittenwidrig erklärt, die den überlebenden Ehegatten für den Fall der Wiederverheiratung mit einem Vermächtnis zugunsten der Abkömmlinge des Erstversterbenden in Höhe des Werts des Nachlasses des Erstversterbenden belastet, d.h. dem überlebenden Ehegatten wird bei Wiederheirat der komplette Nachlass entzogen. Das OLG Saarbrücken hat jedoch eine testamentserhaltende ergänzende Auslegung zugelassen, die einen Vermächtnisanspruch der Abkömmlinge ergibt, der um die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten gekürzt ist. Will man hier angesichts der vorgenannten Entscheidungen auf der sicheren Seite sein, wird empfohlen, dem Überlebenden für den Fall der Wiederheirat zumindest wertmäßig seinen Pflichtteil und den Zugewinnausgleich zu belassen.[9]

[5] BVerfG, Beschl. v. 22.3.2004 – 1 BvR 2248/01: Im Rahmen der Nachlassfragen nach dem ehemaligen Kronprinzen Wilhelm von Preußen ging es um die Wirksamkeit der Ebenbürtigkeitsklausel aus einem Erbvertrag aus dem Jahre 1938. Diese sah vor, dass in der weiteren Generationenfolge der jeweils älteste Sohn der Erbe sein sollte mit Ausnahme desjenigen, der nicht in einer der alten Brandenburg-Preußischen Hausverfassung entsprechenden Ehe mit einer ebenbürtigen Dame protestantischen Glaubens lebt. Diese Klausel ist geeignet, den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 Abs. 1 GG zu verletzen.
[6] Damrau/Tanck/Klessinger, Praxiskommentar Erbrecht, § 2269 BGB Rn 48.
[9] Damrau/Tanck/Klessinger, Praxiskommentar Erbrecht, § 2269 BGB Rn 49.

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