Sofern die letztwillige Verfügung die Verwaltungsvorgabe klar als Anordnung im Sinne von § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB einordnet, kann der Testamentsvollstrecker über § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB flexibel handeln und die ordnungsgemäße Nachverwaltung gewährleisten (wenn ihm das Gericht folgt).

Oft jedoch ist die rechtliche Qualität einer Verwaltungsvorgabe nicht benannt und der Testamentsvollstrecker ohne Auslegungshoheit (vgl. Teil 1 des Beitrags, Abschnitt B.I.) steht vor dem (Auslegungs)Problem, dass nach dem BGH und der herrschenden Meinung sehr schnell zusätzlich eine Beschränkung gemäß § 2208 Abs. 1 BGB vorliegt, die mit § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB nicht überwunden werden kann, sondern nur einvernehmlich mit allen Erben, um eine Blockade des Nachlasses zu verhindern.[106]

Man muss hier versuchen, das Beste aus der Situation machen,[107] denn auch die Darlegungs- und Beweislast dessen, der sich auf die Ausnahmenorm des § 2208 BGB beruft, kann zwar hilfreich für den Testamentsvollstrecker sein, doch der richterliche Auftrag zur Erforschung des Willens des Erblassers[108] könnte dies in der Praxis ebenso erschweren wie die Grundtendenz des BGH an sich.

Man sollte, sofern sich Probleme mit den Erben abzeichnen, den Antrag nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB stellen und versuchen, damit auch die daran anschließende Vereinbarung mit den Erben zur Überwindung des § 2208 Abs. 1 BGB vorzubereiten. Evtl. gelingt es ja, das Gericht hier zu einer Aussage zu bewegen, ob auch eine Bindung im Sinne von § 2208 Abs. 1 BGB vorliegt, weil dies mittelbar entscheidungserheblich ist. Denn das Verfahren nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB bereitet auch das Testamentsvollstreckerzeugnis vor: Während eine Anordnung nach § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB nicht ins Testamentsvollstreckerzeugnis gehört, ist dies für Beschränkungen nach § 2208 Abs. 1 BGB zwingend.[109] Neben der Schwierigkeit der Sache ein weiterer wichtiger Grund, warum das Nachlassgericht auch dann nicht auf eine Begründung verzichten sollte, wenn sich alle Beteiligten einig sind, wie es § 38 Abs. 4 Nr. 2 FamFG ermöglicht.

Womöglich lässt sich so ein Streit über die Auslegung der letztwilligen Verfügung vor dem Prozessgericht vermeiden, der dann, jedenfalls was § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB angeht, gegenüber den Nachlassbeteiligten der letzte und sicherste Ausweg ist.[110] Klage und Feststellungsantrag wären darauf gerichtet, dass der Testamentsvollstrecker durch eine (zu bezeichnende) Erblasseranordnung in seinen Rechten (nicht) dinglich beschränkt ist gemäß § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB.

Holtz meint, dass die Erblasseranordnung für ihre dinglich wirkende Bindung gemäß § 2208 Abs. 1 BGB auch dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen müsse.[111] Diese Aussage, die bislang von Rechtsprechung und Schrifttum – soweit ersichtlich – noch nicht aufgegriffen worden ist, bedarf zumindest der Präzisierung. Allgemein ist der Bestimmtheitsgrundsatz auch bei bloßer Bestimmbarkeit erfüllt, wenn äußere Abgrenzungskriterien für einen Beobachter die Individualisierung derjenigen Sachen ermöglichen, auf die die Einigung zielt. Auch Umstände außerhalb des Vertrages sind hier heranzuziehen und mit guten Gründen wird noch weitergehend vertreten, nicht die Unterscheidung zwischen inner- und außervertraglichen Umständen sei entscheidend, sondern dass die Parteivereinbarung wie jeder Vertrag auszulegen sei anhand aller Umstände, um den Parteiwillen zu ermitteln.[112] Die Auslegung der sachenrechtlichen Einigung – unabhängig von der Frage, nach welchen Kriterien sie zu erfolgen hat – geht der Prüfung des Bestimmtheitsgrundsatzes voran. Für § 2208 Abs. 1 BGB ist der BGH in seinem Urt. v. 9.5.1984 ohne Weiteres davon ausgegangen, dass der Erblasserwille zu erforschen, auszulegen ist. Erst das Auslegungsergebnis, das mit sämtlichen Auslegungsmethoden zu ermitteln ist, ist somit bei § 2208 Abs. 1 BGB am Bestimmtheitsgrundsatz zu messen.[113]

Ob die dingliche Beschränkung nach § 2208 Abs. 1 BGB vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Übrigen änderte aber auch ein Streit vor dem Prozessgericht zu § 2208 Abs. 1 BGB nichts daran, dass über die Frage der Nachlassgefährdung einer Anordnung ausschließlich das Nachlassgericht entscheidet, dazu im abschließenden Teil 3 des Beitrags unter Abschnitt C.I. und III.[114]

[106] Wohl zuletzt Urt. v. 9.5.1984, IV a ZR 234/82 (NJW 1984, 2464). Die entscheidende Aussage lautet (Rn 16 des Urteils): "Der Testamentsvollstrecker sollte das Grundstück verkaufen und den Erlös in bestimmter Weise aufteilen. An diese Anordnungen für die Auseinandersetzung und die Verwaltung (§§ 2203, 2204, 2048, 2216 BGB) war der Testamentsvollstrecker schuldrechtlich gebunden; sie nahmen ihm überdies gemäß § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB auch dinglich das Recht, über die Nachlassgegenstände in einer Weise zu verfügen (§ 2205 S. 2 BGB), die zu den Anordnungen der Großmutter in Widerspruch standen". Zur hM u. a. Staudinger/Reimann, BGB, 2016, § 2208 Rn 18; MüKo/Zimmermann, BGB, 2017, § 2216 Rn 16; Holtz, Fn 11, Seite 124-127; Verf. in ZErb 20...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge