Nach den allgemeinen Regeln des Abgabenrechts hat das Finanzamt den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 S. 1 AO),[3] also auch, ob es eine ortsübliche Miete gibt. Art und Umfang der Ermittlungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und stehen in seinem pflichtgemäßen Ermessen (§ 88 Abs. 1 S. 2 und 3 AO). Kann der Sachverhalt oder eine relevante Tatsache, hier die ortsübliche Miete, nicht ermittelt werden, muss nach § 162 AO geschätzt werden.[4] Erst wenn auch eine Schätzung nicht möglich ist, kommen Beweislastregeln zur Anwendung.[5] Deshalb kann keine Rede davon sein, dass der Steuerpflichtige die Beweislast für die Anwendung des Ertragswertverfahrens hat. Wenn eine Beweislastentscheidung erforderlich wird, geht sie wie sonst auch dahin, dass das Finanzamt die objektive Beweislast für die Rechtmäßigkeit seines Feststellungsbescheids trägt und damit auch für die Rechtmäßigkeit des von ihm angewendeten Bewertungsverfahrens. Deshalb kann sich das Finanzamt entgegen Gohlisch nicht einfach auf das Sachwertverfahren zurückziehen, wenn es schwierig ist, die ortsübliche Miete zu ermitteln und es dem Steuerpflichtigen überlassen, sie auf seine Kosten durch ein Mietgutachten nachzuweisen, wenn er mit dem Prozedere nicht einverstanden ist. Eine Analogie zu § 198 BewG ist also nicht angezeigt.

[3] § 88 AO gilt in jedem Besteuerungsverfahren (Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 88 AO Rn 6).
[4] Ermitteln und Schätzen beruhen beide auf Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Ermitteln verlangt Gewissheit des Ergebnisses, also an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Beim Schätzen genügt geringere Wahrscheinlichkeit, deren Grad von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Außerdem muss es für eine Schätzung einen Schätzungsanlass geben; vgl. zum Ganzen Klein/Ratschow, AO, 13. Aufl., § 162 AO Rn 1 ff.

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