Einführung

Vom 8. bis zum 10. Juli 2010 fand in Würzburg der zweite Schiedsrichter-Lehrgang der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V. (DSE) statt. Im Vorjahr hatte die DSE aus Anlass ihres zehnjährigen Bestehens[2] bekanntgegeben, den Kreis ihrer Schiedsrichter zu erweitern, um dem steigenden Bedarf nach Alternativen zum staatlichen Rechtsweg zu entsprechen.

[2] Hierzu Trimborn von Landenberg, ZErb 2009, 207.

A. Schiedsgerichtsbarkeit im Erbrecht

Die DSE hat es sich zum Ziel gesetzt, die Schiedsgerichtsbarkeit gerade im Zusammenhang mit erbrechtlichen Streitigkeiten zu fördern. Sie stellt zu diesem Zweck eine organisatorische Plattform ebenso zur Verfügung wie eine praxiserprobte Schiedsordnung.[3]

[3] Zurzeit in der Fassung vom 1. Februar 2010, abrufbar unter http://www.dse-erbrecht.de/PDF/DSE_Schiedsordnung.pdf.

I. Grundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit

Die Schiedsgerichtsbarkeit als Alternative zu staatlichen Gerichten findet ihre Regelungsgrundlagen in den §§ 1025 ff. ZPO. Von zentraler Bedeutung ist die Regelung des § 1055 ZPO, nach der dem Schiedsspruch die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zukommt. Prinzipiell sind staatliche Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Willen des Gesetzgebers gleichwertig.[4] Zudem ist im Erbrecht die Möglichkeit der letztwilligen Anordnung des Schiedsverfahrens gem. § 1066 ZPO von Bedeutung, die eine gesonderte Schiedsvereinbarung entbehrlich macht.

[4] Amtl. Begr., BT-Drs. 13/5274, S. 34.

II. Schiedsgerichtsbarkeit und Verfahren vor staatlichen Gerichten im Vergleich

Allgemein bietet die Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten einige Vorteile. Zunächst liegen diese in dem Umstand begründet, dass sich jedenfalls in erster Instanz vor staatlichen Gerichten die Zuständigkeit des Spruchköpers in den seltensten Fällen nach der Rechtsmaterie richtet, die dem zu beurteilenden Sachverhalt zugrunde liegt. Hierdurch fehlt jegliche Möglichkeit der Spezialisierung und damit zugleich ein belastbares Fundament an speziellen Rechtskenntnissen, die allerdings gerade (auch) im Erbrecht immer wieder gefordert sind. Bei der Schiedsgerichtsbarkeit besteht demgegenüber die Möglichkeit, die Auswahl der Schiedsrichter selbst vorzunehmen oder sie durch Dritte, wie z. B. die DSE, bestimmen zu lassen. Selbstverständlich wird bei dieser Auswahl auf Persönlichkeit und Fachkenntnisse geachtet werden.

Staatliche Gerichte haben häufig unter einer unzureichenden Ausstattung mit personellen und sachlichen Mitteln zu leiden, die ihre Arbeit beeinträchtigt. Dies kann sich bei der Schiedsgerichtsbarkeit deutlich anders darstellen.

Zudem bewirkt die im Schiedsverfahren bestehende größere Flexibilität hinsichtlich der Gestaltung des Verfahrens[5] oder sogar im Hinblick auf die den Streit entscheidenden Normen[6], dass stärker Rücksicht auf die Besonderheiten des konkreten Falles genommen werden kann, als dies im Verfahren vor staatlichen Gerichten der Fall wäre.

Gerade im Bereich des Erbrechts sind weitere Aspekte von hervorgehobener Bedeutung. Erbrechtliche Streitigkeiten sind meist durch eine enge verwandtschaftliche Beziehungen der Beteiligten geprägt, die zu einer regelmäßig erhöhten Emotionalisierung führt; hier kann der dem Schiedsverfahren eigene Ausschluss der Öffentlichkeit zumindest verhindern, dass dreckige Wäsche vor aller Augen gewaschen wird.[7] Zudem bewirkt allein die lange Dauer von Verfahren vor staatlichen Gerichten eine nicht zu unterschätzende Belastung der Parteien. Diese kann durch die typischerweise deutlich kürzere Verfahrensdauer von Schiedsverfahren im Vergleich zu Verfahren vor staatlichen Gerichten erheblich abgemildert werden.[8] Die vergleichsweise kurze Dauer resultiert vor allem aus der Tatsache, dass in der Schiedsgerichtsbarkeit der Schiedsrichter selten mehr als einen Fall zu bearbeiten hat und regelmäßig nur eine Instanz gewährt wird.[9] Dies führt zugleich zum Kostenaspekt: gegenüber einem Zug durch mehrere Instanzen staatlicher Gerichte ist das Schiedsgerichtsverfahren dann deutlich kostengünstiger. Wird das Verfahren vor staatlichen Gerichten allerdings bereits in der ersten Instanz beendet, stellt sich der Kostenvorteil umgekehrt dar. Andererseits können im Schiedsverfahren mehrere Streitgegenstände verbunden werden, während z. B. im ZPO-Verfahren einer Erbteilungsklage oft einige Feststellungsklagen zur Herstellung der Teilungsreife vorausgehen.

In diesem Zusammenhang spielt auch der Umstand eine Rolle, dass Verfahren vor Schiedsgerichten, wie die praktische Erfahrung zeigt, eine sehr hohe Vergleichsquote aufweisen. Der hierdurch bewirkte Befriedigungseffekt ist gerade bei von familiären Bindungen geprägten Auseinandersetzungen bedeutsam.[10]

[5] Vgl. § 1042 Abs. 3 und 4 ZPO.
[6] Vgl. § 1051 ZPO sowie § 8 Abs. 1 DSE-SchO.
[7] Schiffer, in: ders., Mandatspraxis Schiedsverfahren und Mediation, 2005, Rn 628, 634.
[8] Siehe nur Pawlytta, ZEV 2003, 89.
[9] Abweichend kann zwar von Rechts wegen auch für das Schiedsverfahren die Möglichkeit eines Instanzenzuges vorgesehen werden. Dies ist in der Praxis allerdings in aller Regel nicht der Fall.
[10] Schiffer, in: ders....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge