Der nach der Verteilungsordnung zuständige Notar ist für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens ex lege zuständig, ohne dass es eines besonderen Auftrages des Gerichtes im Einzelfall bedürfte.

Der zuständige Gerichtskommissär kann daher auch bereits vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens Verfahrenshandlungen, wie beispielsweise Sicherungsmaßnahmen, setzen.

Der Gerichtskommissär und das Verlassenschaftsgericht haben von Amts wegen dafür zu sorgen, dass alle für die Einantwortung oder die sonstige zu treffende Entscheidung relevanten Tatsachen aufgeklärt werden, und sämtliche Hinweise auf solche Tatsachen entsprechend zu berücksichtigen. Korrespondierend zu diesem Untersuchungsgrundsatz normiert das AußStrG eine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht sowie eine gewisse Mitwirkungspflicht der Parteien.[30]

Der Notar kann als Gerichtskommissär im gesamten Bundesgebiet Erhebungen pflegen und alle Beweise selbst aufnehmen, Zustellungen selbst durch die Post oder die Gerichte vornehmen lassen und öffentliche Verlautbarungen veranlassen. Dem Gerichtskommissär sind bei seinen Erhebungen auch bestimmte Eingriffe in das Hausrecht erlaubt.[31]

Soweit der Gerichtskommissär mit der Wahrheitsermittlung und der Ausforschung von Tatsachen in Verlassenschaftssachen betraut ist, stehen ihm dieselben Auskunftsrechte und Einsichtsbefugnisse wie dem Verlassenschaftsgericht zu.[32]

(Elektronisch) Einsicht genommen wird beispielsweise in

das Personenverzeichnis des Grundbuchs und des Firmenbuches,[33]
das bereits im Jahr 1972 von der Österreichischen Notariatskammer eingerichtete und von dieser aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung seither geführte und überwachte Österreichische Zentrale Testamentsregister (ÖZTR),[34] in dem der Umstand der Verwahrung von bei Notaren, Gerichten und anderen qualifizierten Verwahrern hinterlegten erbrechtsbezogenen Urkunden registriert und damit deren Auffindbarkeit im Verlassenschaftsverfahren erleichtert wird,
in das von der Österreichischen Notariatskammer geführte Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV), aus dem sich insbesondere die Registrierung von Vorsorgevollmachten sowie der Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger ergibt, und
in die Ediktsdatei.[35]
[30] Vgl. § 16 AußStrG.
[31] So nach § 146 AußStrG, der vorsieht, dass der Gerichtskommissär zum Zweck der Erhebungen die Wohnung, das Geschäftslokal und Schrankfächer des Verstorbenen, seine Schränke und sonstigen Behältnisse schonend öffnen kann, wobei zwei volljährige Vertrauenspersonen beizuziehen sind.
[32] Vgl. § 9 (1) GKG idF BRÄG 2008.
[33] Siehe z. B. http://www.verrechnungsstelle.at; http://www.bmj.gv.at.
[34] §§ 140 b, 140 c Notariatsordnung (NO); die ÖNK ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 140 NO) und trat mit 1.5.1977 an die Stelle des seit 1963 in der NO verankerten Delegiertentages der österreichischen Notariatskammern; vgl. Wagner-Knechtel, Notariatsordnung, Rn 1 zu § 140 NO; Perscha/Stögner, Zentrales Testamentsregister – Erfahrungen aus Österreich, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht (GPR), 5/07, 254 ff.
[35] http://www.edikte.justiz.gv.at/.

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