Die transmortale Vollmacht wird unter Lebenden unbefristet und unbedingt erteilt. Anders als die normale Vollmacht erlischt sie nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers.[1] Die transmortale Vollmacht wirkt über den Tod hinaus, ohne dass der Bevollmächtigte dies in besonderer Weise nachweisen müsste. Er benötigt neben der ihn ausweisenden Vollmachtsurkunde weder einen Erbschein noch sonstige Nachweise. Die transmortale Vollmacht wird lediglich durch das Verbot des Selbstkontrahierens und dass des Vollmachtsmissbrauchs sowie das bei der Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte bestehende Gebot der Höchstpersönlichkeit beschränkt.[2] Die auch als Vollmacht auf den Todesfall bezeichnete postmortale Vollmacht unterscheidet sich von der transmortalen Vollmacht lediglich dadurch, dass sie nicht sofort, sondern erst mit dem Tod des Vollmachtgebers in Kraft tritt.[3]

Trans- und postmortale Vollmachten sollen die Handlungsfähigkeit des Nachlasses unmittelbar nach dem Versterben des Erblassers gewährleisten. Insbesondere die Notwendigkeit der Klärung der Erbenstellung kann die Beschaffung des Erbennachweises zeitlich erheblich verzögern. Weiterhin kann der Bevollmächtige für minderjährige Erben handeln, ohne dass es einer Genehmigung des gesetzlichen Vertreters oder des Familiengerichts bedürfte.[4] Da die Rechtsmacht des Bevollmächtigten auf den Erblasser zurückgeht, ist im Grundbuchverfahren der ansonsten nach § 35 GBO grundsätzlich durch einen Erbschein zu erbringende Nachweis der Erbfolge entbehrlich.[5] Auf diese Weise sind selbst dann Verfügungen über Grundstücke möglich, wenn die Erben noch nicht ermittelt sind, andererseits aber ein dringendes Bedürfnis für eine zeitnahe Grundstückverfügung besteht.[6]

Trans- und postmortale Vollmachten finden auch in Zusammenhang mit dem Institut der Vor- und Nacherbschaft ihr spezifisches Anwendungsfeld. Der nicht befreite Vorerbe kann ansonsten ohne Zustimmung des Nacherben gemäß § 2113 Abs. 1 BGB nicht über Grundbesitz verfügen. Eine Befreiung vom Schenkungsverbot des § 2113 Abs. 2 BGB ist nach § 2136 Abs. 2 BGB sogar vollständig ausgeschlossen.[7] Da die Nacherben beim Anfall der Vorerbschaft häufig noch minderjährig oder noch gar nicht geboren sind, besteht hier ein praktisches Bedürfnis unentgeltliche Rechtsgeschäfte auch ohne die Zustimmung der Nacherben vornehmen zu können.[8] Dies gilt insbesondere in Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften. Ein solches durch die Erteilung einer post- oder transmortalen Vollmacht zu erreichendes Ergebnis wäre ansonsten nicht einmal durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zu bewerkstelligen gewesen.

[1] Münchener Kommentar/Schubert, BGB, 7. Aufl., 2015, § 168 Rn 30; zum Ganze nauch Werner, ZErb 2019, 137.
[2] Riedel/Gockel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, 2. Aufl., 2018, § 16 Rn 12.
[3] Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Lorz, 5. Aufl., 2018, § 20 Rn 4.
[4] Joachim/Lange, ZEV 2019, 62.
[5] OLG Frankfurt v. 29.6.2011 – 20 W 168/11, ZEV 2012, 377.
[6] Keim, ZEV 2020, 1.
[7] Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl., 2019, § 2136 Rn 2.
[8] Keim, ZEV 2020 1 (2).

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