Die Erbausschlagung eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2306 BGB ist ein wichtiges Instrument, bei abstrakter Gefährdung der Mindestwertigkeit des Erbteils in Höhe des Pflichtteils durch letztwillige Verfügung des Erblassers statt des belasteten Erbes eine uneingeschränkt werthaltige Pflichtteilsforderung zu erlangen. Dabei kommt es hinsichtlich der Beschwerung weder auf Intensität, Schwere oder Dauer der testierten Beschränkung an, sondern es reicht aus, dass die in § 2306 BGB enumerierten Beschwerungen testamentarisch verhängt wurden.

Obwohl neben der testamentarischen Erbeinsetzung die gesetzliche Erbenberufung steht, so dass die Erbausschlagung in zweifacher Hinsicht erfolgen muss, um den Pflichtteil zu erlangen, kann in seltenen Ausnahmefällen – etwa wenn die Ausschlagung nicht sogleich zur Anwachsung oder Ersatzerbfolge führte – auch erreichbar sein, nur die testamentarische Verfügung auszuschlagen, um dann die unbeschwerte gesetzliche Erbnachfolge – statt des Pflichtteils – zu erlangen. Das müsste sich aber mit der Verfügung des Erblassers im Einklang befinden, der eine Beschwerung wollte, aber bei Erbausschlagung auch mit dem Wegfall der Beschwerung bereits einverstanden gewesen wäre (etwa, um seine sonstigen Erben vor einem Pflichtteilsprozess zu bewahren).

Hat ein näher Berechtigter zum Erblasser die Erbschaft ausgeschlagen und dadurch den Pflichtteil erlangt, erhält der entfernter Berechtigte, wenn auch er ausschlägt, den Pflichtteil nicht noch einmal. Wenn der näher Berechtigte mit dem Erblasser erbrechtshindernde oder -beseitigende Abreden getroffen hat, wirken diese ohne weiteres auch zu Lasten der entfernter Berechtigten: Das steht im Einklang mit der teleologischen Reduktion der §§ 2306, 2309 BGB, abgeleitet aus der Motivation des Gesetzgebers, ein "Stamm" soll nicht mehrfach mit einem Pflichtteil bedacht werden können.

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