1

Die Privatautonomie und mithin die Vertragsfreiheit sind zumindest im Kern durch den fundamentalen Art. 1 GG in Verbindung mit der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankert. Gleichermaßen werden Eigentum und Erbrecht durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Gemäß Art. 14 Abs. 2 GG gilt der Grundsatz "Eigentum verpflichtet" und danach soll sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen. In diesem verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnis stehen auch das Miet- und Erbrecht zueinander, namentlich das soziale Mietrecht einerseits im Verhältnis zur Vertragsfreiheit des Erben andererseits.

1. Tod des Mieters

a) Grundkonstellation

Der Vermieter wird in der Regel die Mietsache nur einer bestimmten Person überlassen wollen. Wenn diese Person stirbt, treten aber an deren Stelle gemäß § 1922 BGB die Erben. Zwar ist die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestätigt[2] und die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt.[3] Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft wurde vom BGH dagegen abgelehnt.[4] Folglich werden alle Mitglieder der Erbengemeinschaft Mietvertragspartei und nicht die Erbengemeinschaft als solche.[5] Dabei kann es sich um eine Person oder Personen handeln, an welche der Vermieter keinesfalls vermietet hätte. Der oder die Erben andererseits haben häufig kein Interesse daran, den Mietvertrag fortzusetzen, sofern eigene mietvertragliche Verpflichtungen bestehen oder ein Eigenheim vorhanden ist. Anders dagegen stellt sich die tatsächliche Situation dar, wenn der Mieter verstirbt und der Ehegatte oder Lebenspartner in der Wohnung verbleiben möchte oder soweit der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner Mitmieter ist und künftig die Kosten nicht alleine tragen kann.

Für die besondere Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter bei Tod des Mieters oder eines Mitmieters hat der Gesetzgeber einen Ausgleich in den §§ 580, 563, 563 a, 563 b, 564 BGB geschaffen. Es gelten aber zusätzlich die Sozialschutzvorschriften zugunsten des Mieters, insbesondere §§ 574 bis 574 b BGB.

Wenn der Mieter seinen Erbanteil gemäß § 2033 BGB veräußert, tritt der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein.

[5] Die Kündigung des Vermieters hat bei mehreren Erben gegenüber sämtlichen Erben zu erfolgen, BGH NJW 2015, 473 = NZM 2015, 207.

b) Kündigung bei Tod des Mieters, §§ 580, 564 BGB

Wenn der Mieter verstirbt, sind sowohl der Erbe als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist außerordentlich zu kündigen, §§ 580, 564 BGB. Diese Vorschrift gilt bei Mietverhältnissen über Wohnraum nicht, soweit § 563 BGB bei Eintritt von Ehegatten, Lebenspartnern, Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen in das Mietverhältnis oder bei gemeinsamem Mietvertrag von dem Verstorbenem mit Ehegatten, Lebenspartnern, Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen § 563 a für die Fortsetzung des Mietverhältnisses lex specialis ist.

Die große praktische Bedeutung dieser Vorschrift liegt darin, dass das Mietverhältnis nicht automatisch mit dem Tode des Mieters endet, sondern vielmehr der Erbe das Mietverhältnis kündigen muss, andernfalls sich das Mietverhältnis fortsetzt. Andererseits kann der Erbe entgegen dem Grundsatz "pacta sunt servanda", welcher auch für die Erben gilt, eine zwischen Vermieter und Erblasser vereinbarte Befristung des Mietverhältnisses bzw. den wechselseitigen Verzicht auf das ordentliche Kündigungsrecht auf bestimmte Dauer durchbrechen und unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist das Mietverhältnis vor Ablauf der Befristung kündigen.

Auch der Vermieter kann eine noch mit dem Erblasser vereinbarte Befristung bzw. den wechselseitigen Verzicht auf das ordentliche Kündigungsrecht auf bestimmte Dauer durch Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist beseitigen. Gleichfalls ist eine auf das kürzeste Maß der gesetzlichen Kündigungsfrist reduzierte Kündigung möglich, wenn eigentlich aufgrund der langen Dauer des Mietverhältnisses sich die gesetzliche Kündigungsfrist verlängert hatte. Allerdings gilt bei Wohnraummietverhältnissen die Besonderheit, dass die Sozialschutzklauseln der §§ 574, 574 a, 574 b, 574 c BGB anwendbar sind.[6]

Nach § 564 BGB ist das Mietverhältnis innerhalb eines Monats zu kündigen, nachdem vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt wurde sowie davon, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen Fortsetzung nicht erfolgt ist.

Eine Kündigung ist bereits vor der Annahme der Erbschaft möglich. Sofern Testamentsvollstreckung angeordnet ist, kann nur der Testamentsvollstrecker kündigen und zwar erst ab Amtsantritt (§ 2202 Abs. 1 BGB).[7]

[6] § 575 a Abs. 2.
[7] Emmerich/Sonnenschein, § 564 BGB Rn 5.

c) Eintrittsrecht des überlebenden Ehegatten, Lebenspartner, Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen, § 563 BGB

§ 563 BGB geht mit seinem Eintrittsrecht dem Sonderkündigungsrecht nach §§ 580, 564 BGB vor. Für den überlebenden Ehegatten, Lebenspartner, Familienangehörigen[8] oder Haus-haltsangehörigen ist § 563 BGB nur dann von Bedeutung, wenn der Ehegatte, Lebenspartner, Familienangehörige oder Haushaltsange...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge