Auf einen Blick

Der Beitrag erläutert verschiedene Steuerfragen im Zusammenhang mit der Unternehmens- und Vermögensnachfolge über Ländergrenzen hinweg. Eine Kernfrage des steuerlichen Zuzugs oder Wegzugs betrifft die Merkmale des Wohnsitzbegriffs (§ 8 AO). Mit der Neufassung des Anwendungserlasses zu § 8 AO vom 7.8.2017 hat die Finanzverwaltung die Rechtssicherheit hinsichtlich der an den steuerlichen Wohnsitz zu stellenden Anforderungen erhöht. Gleichwohl wird es auch weiterhin zum "versehentlichen" erbschaftsteuerlichen Zuzug vermögender Personen nach Deutschland kommen. Der Schutz vor einer bisweilen drastischen Doppelbesteuerung in verschiedenen Ländern ist eher gering, da Deutschland nur mit sechs Ländern weltweit Doppelbesteuerungsabkommen für die Erbschaftsteuer abgeschlossen hat. Zudem sehen diese Abkommen fast durchgehend nur die Anrechnung der ausländischen Steuer vor, eine Steuerfreistellung von einzelnen Nachlassteilen ist die seltene Ausnahme. Die Anrechnungsbestimmung des deutschen Rechts (§ 21 ErbStG) ist nur unter eingeschränkten Voraussetzungen anwendbar, so dass es nicht selten – selbst in reinen EU-Fällen – zu einer echten Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Erbfällen und Schenkungen kommt. Beim Wegzug aus Deutschland ist die um fünf (in Einzelfällen zehn!) Jahre nachlaufende "verlängerte" unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht für deutsche Staatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b) ErbStG) zu beachten. Darüber hinaus unterliegt das sog. Inlandsvermögen (§ 121 BewG) immer der deutschen (beschränkten) Erbschaft- und Schenkungsteuer. Mit der Änderung von § 16 Abs. 2 ErbStG zum 25.6.2017 dürfte der Gesetzgeber allerdings (im zweiten Anlauf) eine europarechtskonforme Neuregelung des Freibetrags bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht gefunden haben, wovon mancher Wegzügler profitiert. Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht (§ 4 AStG) spielt in der Praxis kaum eine Rolle, da ihre Anwendbarkeit sowohl durch Erbschaftsteuer-DBA als auch durch die wegen des gesetzlichen Verweises auf § 2 AStG relevanten Einkommensteuer-DBA meist ausgeschlossen ist (Ausnahme: Schweiz!). Aus einkommensteuerlicher Sicht ist bei Vererbung oder Schenkung von Gesellschaftsbeteiligungen "über die Grenze" vor den Folgen einer Wegzugsbesteuerung (bei Beteiligung über 1% an Kapitalgesellschaften, vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG) bzw. Entstrickungsbesteuerung (bei Beteiligung an gewerblich geprägten oder infizierten Personengesellschaften, § 4 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG) zu warnen. Ob die gesetzlichen Stundungsregeln der Wegzugs- bzw. Entstrickungsbesteuerung bei Vererbung oder Schenkung "über die Grenze" anwendbar sind, ist im Einzelnen nicht geklärt. Es droht daher in den betroffenen Fällen eine doppelte Substanzbelastung mit deutscher Einkommensteuer und zugleich deutscher Erbschaftsteuer. Schutz vor der Entstrickungsbesteuerung (§ 4 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG) kann allerdings § 50 i EStG bieten, welcher zum 1.1.2017 völlig neu gefasst wurde. Erfolgt die Vererbung oder Schenkung "über die Grenze" jedoch nach dem 31.12.2016, findet nach der Konzeption des neuen § 50 i Abs. 1 EStG die Entstrickungsbesteuerung Anwendung.

Autor: Dr. Maximilian Haag, LL.M. (Duke)

ZErb 10/2018, S. 262 - 268

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