Gesondert von der vorstehenden Fragestellung ist zu erwägen, ob sich hinsichtlich des Verjährungslaufs etwas anderes dadurch ergibt, dass es der (potenziell) Pflichtteilsberechtigte in der Hand hat, durch Beantragung eines Nachlasspflegers als sogenannter Klagepfleger einen sicheren Klagegegner für seine Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen zu erhalten. Bei der Bestellung eines Nachlasspflegers als Klagepfleger wäre die Erfolgsaussicht der Klage dann nicht mehr mit dem Argument des unbekannten Anspruchsgegners zu verneinen, sodass unter Berücksichtigung der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Voraussetzung für das Anlaufen der Verjährung vorliegen könnten.

Das Landgericht Kassel hat in einer durch den Bundesgerichtshof bestätigten Entscheidung ausgeführt, dass zu § 2332 BGB aF kein Grundsatz bestehe, wonach die Verjährung solange nicht laufe, bis ein Erbe endgültig feststehe.[23] Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf die aktuelle Rechtslage nicht übertragen, da nach § 2332 BGB aF eine Kenntnis über die Person des Erben nicht erforderlich war,[24] die nunmehr § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB als Kenntnis über die Person des Schuldners aber grundsätzlich fordert.

Hiergegen spricht ferner, dass bei einer angenommenen unwirksamen Enterbung der Pflichtteilsberechtigte (Mit-)Erbe geworden ist, sodass er bei einer Verpflichtung zur Bestellung eines Nachlasspflegers und anschließender Klageerhebung in einen sinnlosen Prozess getrieben würde. Auch hat der Bundesgerichtshof in dem vorzitierten Urteil ausgeführt, dass es keine Obliegenheit des Gläubigers zu Handlungen gibt, die eine möglichst frühzeitige Ingangsetzung der Verjährung nach sich ziehen würde und bei einem Unterlassen nur dann Rechtswirkungen in Betracht kommen, wenn sich das Unterlassen als schlicht unverständlich darstellt.[25] Daher kann aus der Möglichkeit zur Erwirkung der Bestellung eines Nachlasspflegers im Rahmen der kenntnisabhängigen Regelverjährung nur in Ausnahmefällen eine verjährungsrechtliche Konsequenz gezogen werden.

[23] LG Kassel, Urt. v. 20.3.2012, 5 O 1562/11 (zitiert nach juris.de); BGH NJW 2014, 2574.

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