Das gemäß den §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 1, 3, 64 Abs. 1 FamFG zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Die Erbfolge ist anhand des Testaments vom 1.6.2005 zu bestimmen. Wie das Nachlassgericht, ist auch der Senat davon überzeugt, dass die dort getroffene Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 2) und 3) durch die Testamente vom 27.5.2007 und 28.6.2007 nicht berührt wurde, da der Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung dieser beiden Testamente testierunfähig war. Die Wirksamkeit des Testaments wurde auch nicht durch die Anfechtungserklärungen vom 27.2.2009 und 29.6.2010 beseitigt.

1. Anhaltspunkte für eine bereits 2005 bestehende Testierunfähigkeit des Erblassers existieren nicht. Insbesondere ergeben sich derartige Anhaltspunkte, entgegen der im Schriftsatz vom 5.2.2015 geäußerten Auffassung der Beschwerdeführerin, auch nicht aus den vorliegenden Gutachten des Sachverständigen Dr. R. Dieser weist darauf hin, dass ab April 2007 Orientierungsstörungen belegt seien und sieht dies als führendes Kriterium für die anzunehmende Einschränkung der freien Willensbildung (S. 16, 17 des Gutachtens vom 31.8.2012, Bl 176, 177 dA; S. 2 der Stellungnahme vom 4.12.2014, Bl 350 dA). Auch der Hausarzt Dr. N. geht in seinen schriftlichen Erklärungen vom 9.11.2011 und 8.5.2012 (Bl 150, 148 dA) von einer Testierunfähigkeit erst ab Januar 2007 aus.

2. Zurecht ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 2) und 3) nicht von einer Wechselbezüglichkeit im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB ausgegangen werden kann. Hinsichtlich dieser – von der Beschwerdeführerin nicht angegriffenen Auslegung – wird auf die Ausführungen unter Ziffer II.1 im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Die Schlusserbeneinsetzung war daher für den Erblasser auch nach dem Tod seiner Ehefrau frei abänderbar.

3. Der Erblasser war bei Abfassung der Testamente vom 27.5.2007 und 28.6.2007 nicht testierfähig.

a) Nach § 2229 Abs. 4 BGB kann ein Testament nicht errichten, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Testierunfähig ist derjenige, dessen Erwägungen und Willensentschlüsse nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Würdigung der Außendinge und der Lebensverhältnisse beruhen, sondern durch krankhaftes Empfinden oder krankhafte Vorstellungen und Gedanken derart beinflusst werden, dass sie tatsächlich nicht mehr frei sind, sondern vielmehr von diesen krankhaften Einwirkungen beherrscht werden. Dabei braucht diese Unfreiheit der Willensbildungen nicht darin zutage treten, dass der Erblasser sich keine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt zu machen vermag. Die Unfreiheit kann sich vielmehr darauf beschränken, die Motive für die Errichtung einer letzwilligen Verfügung entscheidend zu beinflussen. Testierunfähig ist daher auch derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH FamRZ 1958, 127, 128; BayObLG Z 2004, 237, 240 f; OLG München, Beschluss vom 14.8.2007, 31 Wx 16/07, Rn 18; OLG Bamberg, Beschluss vom 18.6.2012, 6 W 20/12, Rn 15).

Für die Annahme von Testierfähigkeit reicht es deshalb nicht aus, dass der Testierende in der Lage ist, die eigenen Bezugspersonen zu erkennen und einfache Sachverhalte zu erfassen. Er muss vielmehr in der Lage sein, die für und gegen eine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe abzuwägen und sich aus eigener Überlegung, frei von Einflüssen Dritter, also selbständig und aus eigener Kraft, ein Urteil zu bilden. Dies setzt voraus, dass es ihm bei der Testamentserrichtung möglich ist, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern, Informationen aufzunehmen, Zusammenhänge zu erfassen und Abwägungen vorzunehmen (OLG München, aaO, Rn 19).

b) Der Senat ist der Überzeugung, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 27.5.2007 und 28.6.2007 an einer vaskulären Demenz in einer mittelgradigen bis schweren Ausprägung litt, sodass ihm eine freie Willensbildung nicht mehr möglich war. Demgemäß war der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der beiden Testamente am 27.5.2007 und am 28.6.2007 nicht testierfähig. Bei dieser Einschätzung hat der Senat insbesondere die Eintragungen in der Pflegeakte des Erblassers, die Befunderhebungen des Hausarztes sowie die Ausführungen des Sachverständigen Dr. R. berücksichtigt.

aa) Der Sachverständige hat sich bei der Beurteilung der Frage, ob eine Demenzerkrankung vorliegt, auf die Beschreibung in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) gestützt (Seite 9 ff des Gutach...

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