Einführung

Das Erbrecht kennt mehrere gerichtliche Aufgebote: (1) Bevor der Staat als Erbe festgestellt wird (§ 1936 BGB), muss in der Regel eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte vorausgehen (§ 1965 Abs. BGB). (2) Sind ein Teil der Erben bekannt und ist möglich, dass weitere Miterben vorhanden sind, sind sie aber nicht ermittelbar, erfolgt ebenfalls eine öffentliche Aufforderung (§ 2358 Abs. 2 BGB). (3) Aufgebot der Nachlassgläubiger (§ 1970 BGB). Daneben steht (4) das private Aufgebot des § 2061 BGB, das weitgehend unbekannt ist.

1. Beispiel

E hinterließ eine wertvolle Münzsammlung (Wert: 100.000 EUR). Es gibt 4 Miterben (A, B, C, D) zu je 1/4. Die Miterben teilen die Sammlung sogleich unter sich auf, sodass jeder 100 Goldmünzen im Wert von 25.000 EUR erhält; A, B und C verkaufen ihre Münzen sofort und verschleudern das Geld, sodass sie jetzt mittellos sind. Einige Zeit danach taucht der Gläubiger G (Forderung: 40.000 EUR) auf, der den Miterben bei Teilung unbekannt war. Der Gläubiger fordert die 40.000 EUR von D; D kann dann zwar von A, B und C im Regress je 10.000 EUR fordern, was aber ihm nichts nützt, wenn von A, B und C nichts zu erlangen ist. In diesem Fall hat D nicht nur seine Erbschaft eingebüßt, sondern auch noch 15.000 EUR draufgezahlt. Dies hätte D mithilfe von § 2060 Nr. 1 BGB oder § 2061 BGB vermeiden können. Wäre die Schuld bekannt gewesen, hätte die Sammlung ganz oder teilweise verkauft werden können, nach Tilgung der Schuld wären 60.000 EUR verblieben, wovon jeder Miterbe 15.000 EUR erhalten hätte. Allerdings scheiterte dieses Vorgehen hier daran, dass der Gläubiger den Miterben bei Teilung nicht bekannt war.

2. Grundlagen

a) Bis zur Teilung des Nachlasses haften die Miterben für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB). § 2046 BGB geht davon aus, dass aus dem noch ungeteilten Nachlass zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen sind und erst dann geteilt wird. Teilen die Miterben den Nachlass unter sich auf, ohne die Nachlassverbindlichkeiten vorher zu begleichen bzw. ohne mit den Nachlassgläubigern entsprechende haftungsbeschränkende Vereinbarungen zu treffen, dann haften sie auch nach der Teilung grundsätzlich noch gesamtschuldnerisch und nicht nur jeder Miterbe mit seiner Erbquote; die Haftung erstreckt sich dabei auch auf das Eigenvermögen der Miterben.[1]

Für den einzelnen Miterben ist das gefährlich, weil sich ein Gläubiger im Falle der Gesamtschuld nicht an alle Miterben halten muss, sondern sich einen einzelnen Miterben aussuchen kann, der dann den ganzen Betrag zahlen muss (§ 421 BGB). Der Regress gegen die anderen Miterben nach § 426 BGB hilft nicht immer.

b) Umwandlung der gesamtschuldnerischen Haftung in eine Quotenhaftung. In vier Fällen haftet der Miterbe nach der Teilung des Nachlasses nur noch in Höhe seiner Erbquote:

aa) Wenn der betreffende Gläubiger im gerichtlichen Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist (§ 2060 Nr. 1 BGB). Nach § 1970 BGB, §§ 454 ff FamFG können die Nachlassgläubiger im Aufgebotsverfahren zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.

 

Formulierungsvorschlag[2]

An das Amtsgericht[3] ...

Antrag auf Aufgebot der Nachlassgläubiger zwecks Ausschließung ...

Unter Vollmachtsvorlage zeige ich an, dass ich den E …anwaltlich vertrete. In seinem Namen beantrage ich

– das Aufgebot der Nachlassgläubiger

– anschließend den Erlass des Ausschließungsbeschlusses.[4]

E ... ist Alleinerbe des am ... in ... verstorbenen X (Aktenzeichen des Nachlassgerichts) und beantragt den Erlass des Aufgebots nach § 1970 BGB. E haftet noch nicht unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten.[5] Ein Verzeichnis der dem E bekannten Nachlassgläubiger mit Angabe der jeweiligen Anschrift ist beigefügt.[6] Ein Nachlassinsolvenzverfahren ist nicht beantragt.[7] Der Wert des Aktivnachlasses beträgt … EUR.[8]

Gez …

bb) Wenn der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall geltend macht, es sei denn, dass die Forderung vor dem Ablauf der fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist (§ 2060 Nr. 2 BGB).

cc) Wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt worden ist (§ 2060 Nr. 3 BGB).

dd) Wenn ein Miterbe ein privates Gläubigeraufgebot durchführte (§ 2061 BGB). Mit den §§ 454 ff FamFG hat das Aufgebot in § 2061 BGB nichts zu tun. Jeder Miterbe kann die Nachlassgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlassgericht anzumelden (§ 2061 I 1 BGB). Auch mehrere Miterben können den Aufruf erlassen. Desgleichen ist der Testamentsvollstrecker jedes Miterben berechtigt sowie ein Nachlasspfleger, der wegen Teil-Nachlasspflegschaft nur für einen Erbteil (nämlich den des unbekannten Erben) bestellt ist.

c) Unterschiede gerichtliches Aufgebot – privates Aufgebot. Durch das gerichtliche Aufgebot sollen die Erben einen besseren Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten erhalten können, um gegebenenfalls ein...

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