Gem. § 20 Abs. 1 S. 1 2. Alternative ErbStG schuldet bei einer Schenkung nicht nur der Erwerber, sondern auch der Schenker die Steuer.

Schenker und Beschenkter haften gemäß § 20 ErbStG beide gesamtschuldnerisch für die Schenkungsteuerschuld. Die Steuerschuldnerschaft nach § 20 ErbStG soll aber keine zivilrechtliche Vereinbarung begründen, wer die Erbschaftsteuer zu zahlen hat.[8]

Die Steuerschuldnerschaft des Schenkers neben dem Beschenkten ist in Rechtsprechung und Literatur immer kritisch gesehen worden, weil allein der Beschenkte bereichert ist. Unabhängig davon, ob dem Schenker eher die Rolle eines Haftungsschuldners zugewiesen wird,[9] oder ob der Schenker mangels durchgreifender Bedenken gegen die gesetzliche Regelung nicht nur als Ersatzschuldner, sondern als gleichrangiger Schuldner neben dem Beschenkten angesehen wird,[10] steht es der Steuerbehörde grundsätzlich frei, gegenüber welchem der beiden Gesamtschuldner sie die Schenkungsteuer festsetzen will.

Eine Verpflichtung zur Auswahl eines der Gesamtschuldner im Sinne einer Ermessensbindung besteht dabei nicht aufgrund interner Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, die lediglich eine zivilrechtliche Verpflichtung im Innenverhältnis bewirken, aber das Verhältnis zwischen Fiskus und Steuerschuldner nicht berühren.[11] Grundsätzlich soll nämlich das Bestehen einer Gesamtschuldnerschaft nach § 44 AO lediglich der Finanzbehörde ermöglichen, eine Steuerschuld möglichst rasch und sicher zu erheben.[12] Eine Ermessensbindung kann deshalb nur ausnahmsweise nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung durch eine ständige Verwaltungspraxis der jeweiligen Finanzbehörde entstehen.[13]

Das Finanzamt soll aber im Hinblick auf § 20 ErbStG erst den Beschenkten in Anspruch nehmen.[14] Der Vorrang der Inanspruchnahme des Beschenkten soll sich aus dem Charakter der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer als Bereicherungsteuer ergeben.[15]

Nur wenn die Finanzbehörde – aber aus guten Gründen – davon ausgehen kann, dass die Inanspruchnahme des Beschenkten erfolglos bleibt oder zumindest erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird, kann die Steuer unmittelbar gegenüber dem Schenker festgesetzt werden, ohne dass sie zuvor gegenüber dem Beschenkten festgesetzt worden ist.[16] Jedoch muss das Finanzamt nicht etwa eine erfolglose Vollstreckung beim Schenker nachweisen, um den Schenker zur Zahlung aufzufordern.[17]

Die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde betreffend die Auswahl eines unter mehreren Gesamtschuldnern ist grundsätzlich zu begründen;[18] im Verhältnis zwischen Schenker und Beschenktem ist wegen der vorrangigen Haftung des Beschenkten jedoch eine nur gegenüber dem Schenker als Sekundärschuldner festgesetzte Steuer durch sachgerechte Erwägungen, die eine nach pflichtgemäßem Ermessen zutreffende Entscheidung rechtfertigen, stets zu begründen.[19]

Nach alledem wird die Finanzbehörde voraussichtlich den Beschenkten vorrangig in Anspruch nehmen; eine andere Ermessensentscheidung kann – auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Verursachung der Schenkungsteuerschuld – jedenfalls von der Finanzbehörde nicht verlangt werden, weil die Gesamtschuldnerschaft zwischen Schenker und Beschenktem unabhängig von ihrer Berechtigung unter Berücksichtigung einer sinnorientierten Auslegung der Vorschrift ausschließlich die sichere und rasche Durchsetzung des Steueranspruchs seitens der Finanzbehörde sichern soll.

Die Haftung des Schenkers neben der des Beschenkten ist 1919 ohne nähere Begründung in das Gesetz eingefügt worden.[20] Auch in der Folgezeit ist die Haftung des Schenkers neben der des Beschenkten kaum näher hinterfragt worden.[21]

Die Steuerschuldnerschaft auch des Schenkers neben dem Erwerber kann aber nur damit gerechtfertigt werden, dass der Schenker das Vermögen, das den Gegenstand der Übertragung bildet, zuvor in seinem Eigentum gehalten hat, sodass es ihm möglich ist, durch Zugriff bei der Übertragung ggf. Rückbehalt eines Teilbetrags einer Geldschenkung für die Schenkungsteuerzahlung Vorsorge zu treffen. Wenn der Schenker aber ggf. Jahre vor dem Eintritt des Nachsteuertatbestandes, der ausschließlich durch eine Handlung des Beschenkten verwirkt wird, jeden Zugriff auf das Vermögen verloren hat, entfällt diese Rechtfertigung für seine Stellung als Steuerschuldner im Gesetz. Für die Finanzbehörde, die grundsätzlich Ermessen hat, welchen der beiden Steuerschuldner, Schenker oder Beschenkten, sie in Anspruch nehmen will, wird sich die Frage stellen, ob das sachgerecht auszuübende Ermessen in diesen Fällen die Inanspruchnahme des Schenkers noch zulässt. Grundsätzlich ist bei den Ermessenserwägungen vorrangig die Sicherung des Steueranspruchs des Staates zu beachten. Bei der Nachsteuer, die nicht unmittelbar bei der Schenkung entsteht und die bei gesetzgeberischer Konzeption des § 20 ErbStG im Jahre 1974 nicht vom Gesetzgeber vorausgesehen werden konnte, erscheint aber eine teleologische Reduktion des an dieser Stelle zu weit geratenen Wortlauts des § 20 Abs. 1, 2. Alternativ...

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