I.

Die Beklagte und Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Wohnsitz im Bezirk des LG Bonn, der Beklagte und Antragsgegner zu 2) hat seinen Wohnsitz im Bezirk des LG Köln. Der Erblasser hatte zum Zeitpunkt seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des LG Flensburg.

Die Klägerin war mit dem Erblasser bis zu dessen Tod am … 2013 verheiratet. Die Beklagten sind die Kinder des Erblassers. Ausweislich des Testaments des Erblassers vom … 2000 wurden die Beklagten zu Erben eingesetzt. Die Klägerin sollte ein kostenloses Wohnrecht an dem zur Erbmasse gehörenden streitgegenständlichen Haus in der … Straße in X erhalten. Die Beklagten haben gegenüber dem Erblasser die Einräumung eines kostenlosen Wohnrechts für die Klägerin am … 2003 schriftlich garantiert.

Am 13.7.2021 hat die Klägerin gegen die Beklagten Klage erhoben auf Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, das Dach des streitgegenständlichen Hauses vollständig zu sanieren und die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen. Zur Begründung verweist die Klägerin auf das Testament des Erblassers vom … 2000, in dem nach der Einräumung des Wohnrechts u.a. festgelegt sei, dass die Klägerin notwendige Wohnungsreparaturen im Einzelfall bis zu 100 DM tragen solle. 2019 sei eine Leckage am Dach des Hauses aufgetreten, die zu einem Wasserschaden geführt habe. Die Beklagten hätten sich in der Folge geweigert, die Kosten für eine Dachsanierung zu übernehmen.

Die Beklagten haben in ihrer Klageerwiderung vom 15.12.2021 u.a. die örtliche Zuständigkeit des LG Flensburg gerügt.

Mit Beschl. v. 17.2.2022 hat das LG Flensburg darauf hingewiesen, dass es örtlich nicht zuständig sei, und einen Antrag gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angeregt. Zur Begründung seiner Unzuständigkeit hat das LG ausgeführt, die Parteien seien lediglich durch ein schuldrechtliches Wohnrecht und nicht durch ein dingliches Wohnrecht verbunden, sodass ein Gerichtsstand gem. § 24 ZPO ausscheide. Ein Gerichtsstand nach § 26 ZPO scheide aus, weil die Klägerin ihren Anspruch nicht in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin oder Besitzerin geltend mache. Der Gerichtsstand nach § 27 ZPO scheitere daran, dass das Vermächtnis aus dem Testament durch Einräumung des Wohnrechts bereits erfüllt sei.

Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1.3.2022 beim Schleswig-Holsteinischen OLG Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellt.

Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 17.3.2022 die Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen OLG gerügt, weil die Beklagten im Bezirk desselben OLG ihren Wohnsitz haben, die Wohnsitze sich jedoch nicht im Bezirk des Schleswig-Holsteinischen OLG befinden.

Durch Verfügung vom 22.3.2022 hat der Senat den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, insbesondere zu der Frage, ob nicht doch der Gerichtsstand gem. § 27 ZPO eröffnet sein könnte, sowie zu der Frage, welches Gericht als zuständiges bestimmt werden solle.

Die Klägerin hat am 22.3.2022 vorsorglich beantragt, das Verfahren an das OLG Köln zu verweisen. Mit Schriftsatz vom 30.3.2022 hat sie darauf abgestellt, dass nach ihrer Auffassung das LG Flensburg gem. § 27 ZPO zuständig sei.

Mit Schriftsatz vom 4.4.2022 haben die Beklagten erneut auf die fehlende Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen OLG abgestellt und im Übrigen den Standpunkt vertreten, ein Gerichtsstand nach § 27 ZPO liege nicht vor.

II.

Als zuständiges Gericht ist das LG Flensburg zu bestimmen.

Das Schleswig-Holsteinische OLG ist zur Entscheidung über den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen (dazu Nr. 1). Auf den Antrag ist das LG Flensburg als zuständiges Gericht zu bestimmen, weil dort ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand gem. § 27 ZPO gegeben ist und das LG Flensburg Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert hat (dazu Nr. 2).

1. Das Schleswig-Holsteinische OLG ist für das Bestimmungsverfahren zuständig. Zwar haben die Antragsgegner ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13, 17 ZPO) in einem anderen OLG-Bezirk (OLG Köln), sodass das gemeinschaftliche, im Rechtszug nächst höhere Gericht das OLG Köln ist. Das zuerst mit der Sache befasste LG Flensburg liegt jedoch im Bezirk des Schleswig-Holsteinischen OLG, und das Schleswig-Holsteinische OLG wurde mit der Vorlagefrage zuerst befasst.

Sinn und Zweck des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu machen und eine Ausweitung solcher Streitigkeiten tunlichst zu vermeiden (BGH, Beschl. v. 19.2.2002 – X’ARZ 334/01, juris Rn 12). Dies gilt erst recht für das Bestimmungsverfahren selbst. Diesem Sinn der Vorschrift entspricht es am ehesten, dass die Gerichtsstandsbestimmung durch das OLG erfolgt, das im Bestimmungsverfahren zuerst befasst worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 21.8.2008 – X RZ 105/08, juris Rn 10). Dies gilt auch für die vorliegende Konstellation. Eine alternativ infrage kommende Abgabe an das OLG Köln zum Zwecke der Gerichtsbestimmung wäre mit der ratio legis des § 36 ZPO schwerlich in Eink...

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