1. Rechtliche Einordnung. Das Besprechungsurteil betrifft einen besonderen Fall der gleitenden Unternehmensnachfolge. Verpachtet der Betriebsübergeber das Betriebsgrundstück zunächst an den Betriebsübernehmer und überträgt er dieses erst später in einem zweiten Schritt an den Erwerber, so weicht eine solche Gestaltung zwar von der einheitlichen Betriebsübergabe an den Nachfolger ab, wäre aber dennoch als Betriebsvermögensübergang erbschaftsteuerlich durch Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag begünstigt (§ 13a Abs. 1 u. 2 ErbStG). Dies gilt für eine Übertragung zu Lebzeiten im Wege vorweggenommener Erbfolge ebenso wie für eine Rechtsnachfolge von Todes wegen. Selbst bei einer vertraglichen Weitergabeverpflichtung an einen Dritten, bei testamentarischer Vermächtnisanordnung oder bei Übernahme durch einen Miterben findet ein Begünstigungstransfer vom Ersterwerber (s. § 13a Abs. 3 ErbStG 2009, jetzt Abs. 5 ErbStG) auf den Letzterwerber statt (vgl. R E 13a.11 ErbStR 2019; BFH BStBl. 2008, 982 Vermächtnisnehmer; BFH BStBl II 2005, 295 u. FG Düsseldorf, openJur 2021, 18358 Miterbe).

Die erste Besonderheit des Besprechungsfalls lag darin, dass das Betriebsgrundstück nicht an den künftigen Vermächtnisnehmer selbst, sondern an eine von diesem gegründete und beherrschte GmbH verpachtet worden war, bevor es dem Vermächtnisnehmer zu Lebzeiten übertragen wurde. Ist diese – mit dem BFH – als Dritte im Sinne von § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG 2009 anzusehen, liegt eine grundsätzlich nicht begünstigte Drittüberlassung vor, wenn nicht eine der fünf Rückausnahmen des Satzes 2 eingreift. Eine solche hatten die Kläger im Hinblick auf Sinn und Zweck der Begünstigungsregelung und unter Berufung auf eine durch Art. 3 GG nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung eingefordert (siehe Vorinstanz FG Baden-Württemberg, EFG 2018, 1566 m. krit. Anm. Wachter, GmbHR 2019, 431 und BFH-Urteil).

Die zweite Besonderheit des Besprechungsfalls lag darin, dass das auf das Streitjahr 2012 anwendbare ErbStG 2009 zuvor durch das Bundesverfassungsgericht in Teilen als unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG angesehen worden war und nur aufgrund besonderer befristeter Weitergeltungsanordnung des Gerichts zur Anwendung gelangte (BVerfG v. 17.12.2014, BStBl II 2015, 50 m. Anm. Crezelius, ZEV 2015, 1).

2. Erbschaftsteuerliche Begünstigung. Die Kläger sind mit ihrem Hauptanliegen gescheitert. Der BFH hat eine teleologische Erweiterung des Gesetzeswortlauts ohne nähere Angabe von Gründen abgelehnt, weil es sich bei den Rückausnahmen um eine abschließende Aufzählung des Gesetzgebers handele. Wie sich aus den Leitsätzen 4–7 ergibt, lagen die jeweiligen Voraussetzungen einer begünstigenden Rückausnahme nach Ansicht des BFH im Streitfall nicht vor: Weder durfte die von den Erwerbern beherrschte GmbH diesen aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugerechnet werden, noch reichten die faktischen Einwirkungsmöglichkeiten des Betriebsübergebers auf die von ihm wirtschaftlich abhängigen und mit ihm als Neffen familiär verbundenen GmbH-Gesellschafter aus, die vom Gesetz geforderte Beherrschung im Sinne einer Betriebsaufspaltung anzunehmen (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a Alt. 1 ErbStG 2009). Offenbar hat der BFH die unbestrittenen faktischen Realitäten nicht als ausreichend anerkennen können, weil sie sich nicht in rechtlich durchsetzbare Positionen verdichtet hatten.

Auch eine Begünstigung der hier vorliegenden Betriebsverpachtung im Ganzen hat der BFH abgelehnt, weil weder die GmbH als Erbin eingesetzt worden war noch die erwerbenden Gesellschafter zivilrechtlich Pächter des Betriebsgrundstücks waren (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG 2009). Auf die Frage, ob auch ein Vermächtnisnehmer als Erbe im Gesetzessinne angesehen werden könne, kam es daher schon nicht mehr an. Auch hier verkennt der BFH mit seiner strikten Wortlautanwendung, dass es vom Sinn und Zweck der weiten Begünstigungsregelung her sehr nahe gelegen hätte, den nicht geregelten Streitfall als vom Gesetzgeber gewollte Begünstigung mit zu erfassen. Denn schließlich handelte es sich um einen nachgewiesenen Übergang von produktiven Betriebsvermögen eines kleinen mittelständischen Betriebs, der zur Sicherung des Fortbestands des Unternehmens und damit der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze vom Förderungszweck des Gesetzgebers umfasst war, ohne Gefahr einer missbräuchlichen Gestaltung zu bieten.

3. Verfassungsrechtliche Beurteilung. Die Kläger sind auch mit ihren verfassungsrechtlichen Einwänden gescheitert (näher dazu Clausnitzer, DStR 2021, Heft 42). Wie sich aus den Leitsätzen 1–3 ergibt, hat der BFH das BVerfG-Urteil über die zuvor festgestellte Verfassungswidrigkeit der §§ 13a, 13b ErbStG als absolut verbindlich angesehen und sich jeglicher eigener verfassungsrechtlicher Erwägungen enthalten. Dabei übersieht der BFH, dass die hier streitentscheidenden Regelungen über die Rückausnahmen bei der Betriebsaufspaltung und der Betriebsverpachtung als solche nicht vom Bundesverfass...

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