1. Das FG Münster hat mit dem vorliegenden Urteil, soweit ersichtlich, als erstes FG entschieden, dass eine Stiftung & Co. KG keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist, wenn die Stiftung die ausschließlich persönlich haftende und geschäftsführungsbefugte Komplementärin ist. Im konkreten Fall hatte dies zur Konsequenz, dass die Kommanditanteile an der Stiftung & Co. KG mangels Betriebsvermögen nicht den Verschonungsregeln der §§ 13a, 13b ErbStG unterfielen und die Stiftung & Co. KG gemäß § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG für erbschaftsteuerliche Zwecke transparent zu beurteilen war.

2. Bekanntlich ist eine Stiftung & Co. KG keine eigene Rechtsform, sondern als KG eine Personengesellschaft. Es könnte daher vermutet werden, dass eine Stiftung & Co. KG – wie jede andere Personengesellschaft auch – originär gewerblich, gewerblich geprägt bzw. infiziert oder vermögensverwaltend sein kann. Dies wird man jedoch im Hinblick auf die Möglichkeit einer gewerblichen Prägung einer Stiftung & Co. KG in Zweifel ziehen müssen: Denn nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist eine nicht originär gewerblich tätige Personengesellschaft nur dann gewerblich geprägt, wenn ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder gesellschaftsfremde Dritte zur Geschäftsführung befugt sind.

3. Ausgehend hiervon war es wenig überraschend, dass das FG Münster die Ablehnung der gewerblichen Prägung der streitgegenständlichen Stiftung & Co. KG in erster Linie mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG begründet hat: Die Norm sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Komplementärin der Stiftung & Co. KG keine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG sei, sondern eine Stiftung und damit ein Körperschaftsteuersubjekt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG. Eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG komme nicht in Betracht. Die Norm schreibe die ursprüngliche "Geprägerechtsprechung" des BFH fest, nach der die GmbH & Co. KG als gewerbliche Personengesellschaft eingestuft worden sei, weil die allein haftende und geschäftsführungsbefugte GmbH, die kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erziele (§ 8 Abs. 2 KStG), für den Betrieb der Gesellschaft von einer derartigen Bedeutung sei, dass der gewerbliche Charakter der Einkünfte der Komplementär-GmbH auch den Charakter der Einkünfte aller Gesellschafter bestimme (BFH, Urt. v. 17.3.1966 – IV 233/65, IV 234/65, BStBl. III 1966, 171; v. 3.8.1972 – IV R 235/67, BStBl. II 1972, 799). Diese Prägungswirkung sei bei einer Stiftung & Co. KG nicht gegeben, da § 8 Abs. 2 KStG nur auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG verweise und die durch § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG erfassten Stiftungen entsprechend ausklammere. Im Übrigen sei die Stiftung auch nicht mit einer Kapitalgesellschaft vergleichbar, da bei der Stiftung keine Beteiligung am Vermögen und Erfolg existiere und das Stiftungsvermögen von den Mitgliedern unabhängig rechtlich selbstständig sei.

4. Das Urteil des FG Münster überzeugt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und liegt auch auf einer Linie mit der insoweit existierenden herrschenden Literaturauffassung (statt vieler Blümich/Bode, EStG, 152. EL Mai 2020, § 15 Rn 301; Kirchhof/Krumm, EStG, 19. Aufl. 2020, § 15 Rn 138; Schmidt/Wacker, EStG, 39. Aufl. 2020, § 15 Rn 216). Die Stiftung ist keine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Darunter fallen wegen § 8 Abs. 2 KStG grundsätzlich nur Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, die per se gewerbliche Einkünfte erzielen, d.h. die SE, die AG, die KGaA, die GmbH sowie die entsprechenden Gesellschaften ausländischen Rechts. Der BFH hat im Urteil vom 14.3.2007 – XI R 15/05 für den Fall einer ausländischen Komplementärin zwar ausgeführt, der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG lasse sich nicht das Erfordernis entnehmen, dass die ausländische Gesellschaft selbst kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen oder tatsächlich gewerblich tätig sein müsse, um eine Personengesellschaft prägen zu können. Es sei ausreichend, dass die ausländische Gesellschaft nach ihrer Struktur einer inländischen Kapitalgesellschaft entspreche (Rechtstypenvergleich). Eine Stiftung entspricht aber nicht dem vom BFH angesprochenen Typus der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, was das FG Münster in seinem Urteil klargestellt hat.

5. Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und ist beim BFH unter dem Az. II R 9/20 anhängig. Es dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass der BFH das Urteil des FG Münster aufhebt. Eine höchstrichterliche Bestätigung der fehlenden Prägungswirkung einer Stiftung wäre in jedem Fall zu begrüßen. Denn die Stiftung & Co. KG kann in geeigneten Fällen ein interessantes Vehikel für Nachfolgegestaltungen in Bezug auf steuerliches Privatvermögen bilden, wenn es z.B. darum geht, der Familie die Nachfolge in einen vermögensverwaltenden Vermögenspool zu erlauben, zugleich aber die ...

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