Am 24. und 25. Mai 2019 fand die Jahrestagung des VorsorgeAnwalt e.V. in Karlsruhe statt. Frühankommer hatten bereits am 23. Mai die Gelegenheit, den Bundesgerichtshof zu besuchen. In elf Vorträgen wurden aktuelle Aspekte des Vorsorgerechts und ihre Bedeutung für die anwaltliche Tätigkeit dargestellt und mit den Teilnehmern diskutiert.

Zu Beginn der Tagung am Freitag, den 24. Mai, stellte Rechtsanwältin Beatrix Rütten aus Hamburg dar, welche Schwierigkeiten sich ergeben, wenn ein sorgeberechtigter Elternteil geschäftsunfähig wird. Ihre Empfehlung lautete, eine Sorgerechtsvollmacht ergänzend zur Vorsorgevollmacht zu erteilen und das Grundverhältnis mit Weisungen und Handlungsmaßstab auszugestalten. Sinnvoll könne zudem die Benennung eines Ersatzbevollmächtigten sowie eines Kontrollbevollmächtigten sein. Auch die Widerruflichkeit sei zwingend in die Vollmacht aufzunehmen. Anschließend erläuterte die Kollegin Rütten einzelne strittige Punkte. Können nur einzelne oder auch sämtliche Bereiche der Sorge übertragen werden? Kann die Sorgerechtsvollmacht in eine Vorsorgevollmacht integriert werden? Ein spannendes Thema, das in Zukunft sicher immer mehr Beachtung finden wird.

Danach ging es um die Tätigkeit und Kontrolle des Bevollmächtigten in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Nedden-Boeger gab einen Überblick über Fragen der gerichtlichen Überprüfung des Betreuungsbedarfs trotz vorhandener Vorsorgevollmacht sowie über die Beaufsichtigung des Bevollmächtigten bzw. die Kontrollbetreuung einschließlich des Vollmachtswiderrufs und der Verfahrensstellung des Vorsorgebevollmächtigten. Insbesondere die Aspekte der Kontrollbetreuung sowie der Vollmachtwiderruf wurden von den Zuhörern aktiv aufgegriffen. Herr Dr. Nedden-Boeger stellte heraus, dass ein Kontrollbetreuer die Rechte des Betroffenen in dem Umfang wahrnimmt, in dem sie bestehen. Auch für einen bevollmächtigten Ehegatten könne ein Kontrollbetreuer bestellt werden. Der Vollmachtgeber könne die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht abbedingen. Streitig sei jedoch, ob er Einfluss nehmen kann auf die Voraussetzungen der Einrichtung einer Kontrollbetreuung. Problematisch sei zudem die Zuständigkeit des Rechtspflegers. Herr Dr. Nedden-Boeger führte aus, dass § 15 Abs. 1 RPflG teleologisch zu reduzieren und damit der Rechtspfleger nicht zuständig sein solle, wenn der Kontrollbetreuer zum Vollmachtswiderruf ermächtigt werden soll. Wegen der erheblichen negativen Folgen eines unberechtigten Vollmachtwiderrufs sprach sich Herr Dr. Nedden-Boeger für die Möglichkeit einer richterlichen Suspendierung der Vollmacht bzw. einer richterlichen Genehmigungspflicht eines Vollmachtswiderrufs aus.

Anschließend stellten Rechtsanwältin Benedik-Eßlinger und Rechtsanwalt Jan Ristau das Thema der Vorsorgemediation als Tätigkeitsfeld vor. Da Konflikte bei der Vorsorge und bei der Betreuung von Angehörigen für alle Beteiligten sowohl emotional als auch finanziell eine große Belastung darstellen können, sei diesem Bereich die Mediation als Konfliktlösungsweg eine unbedingt beachtenswerte Alternative. Der Vorsorge-Anwalt e.V. hat hierzu vom 22. bis zum 24. März 2019 erstmalig eine Fortbildung durchgeführt, um Mediatoren für die Konfliktlösung rund um Betreuungen, Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügungen zu schulen. Für dieses und das nächste Jahr sind bereits weitere Veranstaltungen für den Bereich Vorsorgemediation geplant.[1]

Abgerundet wurde der Vormittag mit einem Vortrag von Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Schwab über ausgewählte Aspekte zum Vorsorge- und Betreuungsrecht. Zu Beginn wies Herr Prof. Schwab auf Probleme im Zusammenhang von Betreuung und der DSGVO hin, etwa die Frage, ob Betreuer Daten im Sinne der DSGVO verarbeiten und ob ein Ergänzungsbetreuer für die eigene Datenschutzerklärung bestellt werden muss. Anschließend wies Herr Prof. Schwab auf verschiedene Reformpläne des Betreuungs- und Vorsorgerechts hin, wie etwa die Reform des Wahlrechts für betreute Personen. Im Zusammenhang mit unterbringungsähnlichen Maßnahmen und Fixierungen besprach Herr Prof. Schwab insbesondere Fragen, die sich im Anschluss an Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2018 stellen: Gelten die vom Bundesverfassungsgericht für öffentlich-rechtliche Unterbringungen aufgestellten Grundsätze auch für Maßnahmen aufgrund der Einwilligung von Betreuern oder Bevollmächtigten? Wenn dies der Fall ist, erfüllt § 1906 Abs. 4 BGB die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts? Abschließend gab Herr Prof. Schwab einen Überblick über die Entwicklung der Regelungen und Entscheidungen zur ärztlichen Zwangsbehandlung sowie über die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. April 2019 zur Arzthaftung. Er warf die Frage auf, ob der Bundesgerichtshof auch so entschieden hätte, wenn der Arzt entgegen einer Patientenverfügung oder den Behandlungswünschen bzw. dem mutmaßlichen Willen des Patienten gehandelt hätte. Könne sich zudem die Haftungsfrage nicht nur für den Arzt, sonder...

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