Gedanken zur Wiederbelebung der Vermögensteuer

Einführung

Der auch hierzulande bekannte Schauspieler Gerard Depardieu reagierte auf die drastische Erhöhung der Vermögensteuer in Frankreich seit Herbst 2012, indem er Frankreich den Rücken kehrte und das Land verließ. Er bildet ein prominentes Beispiel für mögliche Reaktionen auf die Erhebung von Steuern auf die Vermögenssubstanz.[2]

[2] Vgl. etwa: http://www.spiegel.de/panorama/leute/gerard-depardieu-moegliche-probleme-beim-antrag-auf-belgischen-pass-a-873316.html (Abrufdatum: 27.03.2013).

I. Einleitung

Nachdem sich die Lage der öffentlichen Haushalte in den vergangenen Jahren nicht gebessert und gleichzeitig die Diskussion um ein Auseinanderdriften der sozialen Schichten in Deutschland stetig neuen Nährboden erfährt,[3] ist seit dem vergangenen Jahr die politische Diskussion um die Wiedererhebung der seit dem Veranlagungszeitraum 1997 nicht mehr erhobenen Vermögensteuer neu entbrannt, nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres. Der folgende Beitrag nimmt die Diskussion zum Anlass, um die Konzepte zur Besteuerung auf das Vermögen vorzustellen. Genauer betrachtet wird der Gesetzesentwurf zur Wiederbelebung der Vermögensteuer, dessen wesentlicher Inhalt zusammengefasst wird. Hierbei wird auf konzeptionellen Optimierungsbedarf und sich bereits abzeichnende Auslegungsfragen sowie erste Reaktionsmöglichkeiten durch Steuerpflichtige im Fall der Wiederbelebung der "totgeglaubten" Vermögensteuer hingewiesen.

[3] Ähnlich Hey, IFSt-Schrift 2012, Heft 482, 10 (11) unter Rekurs auf die Diskussion um die Veröffentlichung der Armuts- und Reichtumsberichte der Bundesregierung.

II. Stand der Diskussion

Derzeit existieren zwei konkrete, "ernsthaft" diskutierte Vorschläge zur Besteuerung vorhandener Vermögenssubstanz neben den Beschreibungen in den Wahlprogrammen:[4] Bündnis 90/Die Grünen haben bereits einen Gesetzentwurf zur Erhebung einer einmaligen Vermögensabgabe in den Bundestag eingebracht.[5] Danach soll – vereinfacht gesagt – eine einmalige Vermögensabgabe iHv insgesamt 15 % auf das Vermögen von natürlichen Personen zum Stichtag 1. Januar 2012 nach Abzug von persönlichen und sachlichen Freibeträgen gestreckt über einen Zeitraum von 10 Jahren erhoben werden. Der Vorschlag dürfte bereits verfassungsrechtlich problematisch sein.[6] Zwar sieht das Grundgesetz einmalige, dem Bund ausschließlich zustehende Vermögensabgaben in Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG ausdrücklich vor, jedoch setzt eine solche u. a. voraus, dass der Bund einzigartige Lasten, die durch historisch einmalige Situationen entstanden sind, zu finanzieren hat. Ob eine solche notstandsähnliche Ausnahmesituation derzeit besteht, darf trotz Staatsschuldenkrise ernsthaft bezweifelt werden.[7]

Zudem haben die Länder Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg im Mai 2012 als Arbeitspapier[8] einen ersten Gesetzesentwurf zur Wiederbelebung der Vermögensteuer in Umlauf gebracht, der noch nicht in ein Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden ist. Der Entwurf hat jedoch bereits im Vorfeld neben der politischen Diskussion in der steuerlichen Literatur gerade unter ökonomischen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – die vorliegend im Wesentlichen außer Betracht gelassen werden – einiges an Aufsehen erregt.[9]

[4] Daneben bestehen zahlreiche weitere Initiativen zu Vermögensteuern und Vermögensabgaben. Hingewiesen sei exemplarisch auf den Antrag von der Fraktion Die Linke, in der man sich für eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe einsetzt und darüber hinaus auf nationaler Ebene eine einmalige Vermögensabgabe neben der Vermögensteuer erheben möchte, vgl. BT-Drs. 17/10778, 115 f.
[5] V. 25.9.2012, BT-Drs. 17/10770.
[6] Vgl. ausführlich dazu: Hey, IFSt-Schrift, Heft 482, 10 (65 ff); Kirchhof, StuW 2011, 189 ff zur Vermögensabgabe, wie sie im Bundeswahlprogramm 2009 des Bündnis 90/Die Grünen bereits enthalten war und im Wesentlichen im besprochenen Gesetzesentwurf auch umgesetzt wurde.
[7] Vgl. auch wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Besteuerung von Vermögen, 2/2013, 1 (18 f); Hey, IFSt-Schrift, Heft 482, 10 (65 ff); Hoetzel, Ubg 2013, 84 (85); Kirchhof, StuW 2011, 189 (194) bezogen auf die Vermögensabgabe, wie sie im Bundeswahlprogramm 2009 des Bündnis 90/Die Grünen bereits beschrieben ist.
[8] Im Folgenden wird das Arbeitspapier der Einfachheit halber als Gesetzentwurf bezeichnet, obwohl es noch in kein Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist. Die darin entwurfsweise enthaltenen Normen der Vermögensteuer werden als "VStG-E", die des Bewertungsgesetzes als "BewG-E" gekennzeichnet.
[9] Vgl. insbesondere zu den ökonomischen Wirkungen des VStG-E: Hoetzel, Ubg 2013, 84 (85); Maiterth/Houben, IFSt-Schrift, Heft 482, 87 ff; Scheffler, DStR-Beihefter 2013, 51 ff; Vgl. insbesondere zu den verfassungsrechtlichen Fragestellungen: Hey, IFSt-Schrift, Heft 482, 10 ff; Kube, DStR-Beihefter 2013, 37 ff; Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 ff. Vgl. zu finanzwissenschaftlichen Fragestellungen: Wissenschaftlich...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge