Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 und 4, § 42 Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der AGH hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Recht zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Die Antragsgegnerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für das Erbrecht (§§ 1, 2 Abs. 1 FAO). Zwischen den Beteiligten ist außer Streit, dass die Antragstellerin die erforderlichen theoretischen Kenntnisse im Erbrecht nachgewiesen hat (§ 2 iVm §§ 4, 14 f FAO). Die Antragstellerin hat jedoch, wie die Antragsgegnerin und der AGH mit Recht angenommen haben, hinsichtlich der geforderten praktischen Erfahrungen (§ 2 iVm § 5 Satz 1 Buchst. m, § 14 f FAO) jedenfalls nicht nachgewiesen, mindestens zehn rechtsförmliche Verfahren außerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit bearbeitet zu haben.

Nach § 5 Satz 1 Buchst. m FAO in der ab 1.7.2005 geltenden für die Antragstellerin maßgeblichen Fassung (§ 16 Abs. 1 FAO) setzt der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen im Erbrecht voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung 80 Fälle persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren, davon wiederum höchstens 10 Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit; die Fälle müssen sich auf die in § 14 f Nr. 1 bis 5 FAO bestimmten Bereiche beziehen. Die Antragsgegnerin und der AGH haben offengelassen, ob die Antragstellerin nachgewiesen hat, dass sie innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung 80 erbrechtliche Fälle persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat. Die Antragsgegnerin hat die Ablehnung des Antrags darauf gestützt, dass lediglich neun Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und zwei rechtsförmliche Verfahren außerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit anerkannt werden könnten. Der AGH hat dagegen im angefochtenen Beschluss auch die Anzahl anzuerkennender FGG-Fälle offengelassen; jedenfalls seien aus der von der Antragstellerin vorgelegten Fallliste nicht mindestens zehn, sondern lediglich sieben Fälle anzuerkennen, die rechtsförmliche Verfahren im Erbrecht außerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Gegenstand hätten. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

1. Die Rechtsfragen, zu deren Klärung der AGH die sofortige Beschwerde zugelassen hat, beziehen sich auf den Fallbegriff im Erbrecht sowie auf den Begriff des rechtsförmlichen Verfahrens. Den hierzu vertretenen Auffassungen des AGH ist weitgehend, jedoch nicht uneingeschränkt zuzustimmen.

a) Der AGH hat seiner Entscheidung einen zutreffenden Fallbegriff zugrunde gelegt. Ein Fall iSd § 5 Satz 1 FAO ist, wie der Senat entschieden hat, jede juristische Aufarbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhalts, der sich von anderen Lebenssachverhalten dadurch unterscheidet, dass die zu beurteilenden Tatsachen und die Beteiligten verschieden sind (BGHZ 166, 292 = NJW 2006, 1513 Tz 12 mwN; zustimmend Hartung/Römermann-Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 4. Aufl., § 5 FAO Rn 45; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl., § 5 FAO Rn 4; Kleine-Cosack, BRAO, 5. Aufl., Anh. I 2, § 5 Rn 6). An dieser Begriffsbestimmung, die auch für den Fallbegriff im Fachgebiet Erbrecht (§ 5 Satz 1 Buchst. m FAO) maßgeblich ist, hält der Senat fest.

Zu einem erbrechtlichen Fall wird ein Fall gem. § 5 Satz 1 Buchst. m FAO dadurch, dass er sich auf die in § 14 f Nr. 1 bis 5 FAO bestimmten Bereiche des Erbrechts bezieht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Schwerpunkt der Bearbeitung in dem in § 14 f FAO näher umschriebenen Fachgebiet Erbrecht liegt; dafür genügt es, wenn eine Frage aus diesem Fachgebiet erheblich ist oder erheblich werden kann (vgl. BGHZ 166, 292 Ls. 2 und Tz 22).

Ein solcher Bezug zum Erbrecht muss auch bei den Fällen gewahrt sein, die in die in § 14 f FAO aufgeführten, mit dem Erbrecht häufig in Beziehung stehenden Rechtsgebiete übergreifen (Familien-, Gesellschafts-, Stiftungs- und Sozialrecht; Internationales Privatrecht, Steuerrecht). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 14 f FAO, nach dem zwischen diesen Gebieten und dem Erbrecht "Bezüge" bestehen müssen. Dafür reicht nicht jeder beliebige erbrechtliche Gesichtspunkt aus. Ein Fall, dessen Schwerpunkt in einem anderen Gebiet liegt, wird nicht dadurch schon zu einem erbrechtlichen Fall, dass einem Anspruch etwa eine unstreitige Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB zugrunde liegt. Fälle aus den in § 14 f FAO genannten Rechtsgebieten außerhalb des Erbrechts können als erbrechtliche Fälle nur anerkannt werden, wenn bei ihnen auch erbrechtliche Fragen für die argumentative Auseinandersetzung "eine Rolle spielen" (vgl. BGH vom 25.2.2008 – AnwZ (B) 17/07, NJW 2008, 3001 = BRAK 2008, 135 Tz 10 zum Arbeitsrecht). Auch der verschiedene Rechtsgebiete berührende Fall muss eine für die juristische Bearbeitung relevante erbrechtliche "Frage" aufwerfen, das heißt einen Bearbeitungsschwerpunkt im Erbrecht enthalten (Hartung/Römermann-Sc...

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