Eine Verfügung ist dann unentgeltlich iS des § 2113 Abs. 2 BGB, wenn für das von dem Vorerben weggegebene Nachlassvermögen keine objektiv gleichwertige Gegenleistung in den Nachlass fließt und der Vorerbe subjektiv weiß, dass dem Opfer keine gleichwertige Gegenleistung an die Erbmasse gegenübersteht oder er dies bei ordnungsgemäßer Verwaltung der Masse hätte erkennen müssen.[6] Demnach ist die unentgeltliche Verfügung iS des § 2113 Abs. 2 BGB nicht auf den Schenkungsbegriff des § 516 BGB beschränkt. Entsprechend ist eine Einigung über die teilweise oder völlige Unentgeltlichkeit des Austauschs nicht erforderlich, denn es ist auch Sinn und Zweck des § 2113 Abs. 2 BGB, dem Nachlass Verfügungssurrogate zu verschaffen.[7] § 2113 Abs. 2 BGB ist also insbesondere im Zusammenhang mit § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB zu lesen; in der Regel ist deshalb eine Leistung dann als unentgeltlich anzusehen, wenn es an einem Gegenstand für die dingliche Surrogation gem. § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB fehlt, d. h. wenn oder soweit keine Gegenleistung in den Nachlass fließt.[8] Aus § 2111 BGB ergibt sich insbesondere, dass der Nacherbenschutz nicht auf die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses, sondern auf den Werterhalt gerichtet ist.[9]

Vor diesem Hintergrund wird man die obige Feststellung dahingehend umkehren können, dass es regelmäßig am Merkmal der Unentgeltlichkeit iS des § 2113 Abs. 2 BGB dann fehlt, wenn eine Surrogation gem. § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB zu bejahen ist. Daraus folgt, dass grundsätzlich die Einbringung von Grundbesitz in eine Personengesellschaft gegen Gewährung entsprechend quotaler Gesellschaftsbeteiligungen keine unentgeltliche Verfügung iS des § 2113 Abs. 2 BGB darstellt (wenn nicht im Einzelfall ausnahmsweise aufgrund besonderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen die erworbene Gesellschaftsbeteiligung nicht als gleichwertig anzusehen ist, was die Beteiligten aber selbst in der Hand haben). Dann könnte beim (praxishäufig) befreiten Vorerben zugleich die Löschung des Nacherbenvermerks vor Eintritt des Nacherbfalls durch Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit iSv § 22 Abs. 1 GBO erfolgen, der Nacherbenvermerk gem. § 84 GBO als gegenstandslos gelöscht werden, da der Gegenstand, auf den er sich bezieht, kraft entgeltlicher Veräußerung und Vorliegen einer Befreiung nach § 2136 BGB – endgültig aus der Nacherbenbindung ausgeschieden ist. Eine bloße sog. "verdeckte" Einlage würde demgegenüber nicht ausreichen; bei dieser handelt es sich nicht um eine Leistung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern um eine Leistung, die nach Maßgabe eines besonderen Schuldverhältnisses zur schlichten Vermehrung der Haftungsmasse (Eigenkapitalbildung) in das Verbandsvermögen erbracht wird.[10] Stimmen die Nacherben nicht zu, würde in solchen Fällen das zugrunde liegende Rechtsgeschäft mit Eintritt der Nacherbfolge nach § 2113 Abs. 2 BGB unwirksam.

[6] BGH, Urt. v. 15.2.1952, V ZR 54/51, BGHZ 5, 173; Urt. v. 2.10.1952, IV ZR 24/52, BGHZ 7, 278; Soergel/Harder/Wegmann, BGB, 13. Aufl. 2003, § 2113 Rn 18; Staudinger/Behrends/Avenarius, BGB, Neubearb. 2003, § 2113 Rn 62; MüKo/Grunsky, BGB, 4. Aufl. 2004, § 2113, Rn 22.
[7] Staudinger/Behrends/Avenarius (Fn 6), § 2113 Rn 70.
[8] Soergel/Harder/Wegmann (Fn 6), § 2113 Rn 19 mwN.
[9] So insbesondere BGH, Urt. v. 21.11.1989, IVa ZR 220/83, BGHZ 109, 214, 217.
[10] Vgl. K. Schmidt (Fn 1), § 20 II 3 sowie analog aus steuerlicher Sicht BMF (Fn 1), BStBl I 2000, 462 ff; 2004, 1190 f.

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