II.

Die Revision hat Erfolg.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZErb 2020, 369 veröffentlicht ist, hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 2305 BGB gegen die Beklagten zu. Zwar finde § 2305 BGB auf den Kläger Anwendung. Er sei pflichtteilsberechtigt und sein Pflichtteil betrage als einziger Abkömmling die Hälfte des Nachlasses. Aus dem Testament ergebe sich für ihn eine Erbquote von 9,09 %. Der Anspruch des Klägers sei durch die vorgerichtliche Zahlung vollumfänglich erfüllt. Die Kosten für die Grabpflege seien als Nachlassverbindlichkeit anzusehen. Es handele sich zwar um keine Beerdigungskosten im Sinne des § 1968 BGB, da die Beerdigung mit der erstmaligen Herrichtung der Grabstätte abgeschlossen sei. Hier sei jedoch die Anordnung im Testament, dass der "Rest" des Vermögens für eine zwanzigjährige Grabpflege zu verwenden sei, so auszulegen, dass den Erben testamentarisch die Pflicht auferlegt worden sei, für eine solche Grabpflege zu sorgen. Dem Erblasserwillen könne nur zur Geltung verholfen werden, wenn die Kosten der Grabpflege vom Nachlass als Verbindlichkeit abgezogen würden. Sie stellten sich als eine Erbfallschuld dar. Die Kosten der Grabpflege schätze das Gericht auf 9.506,20 EUR, den Mittelwert der von der Beklagten zu 6 eingeholten Angebote. Hieraus ergebe sich kein weiterer Anspruch des Klägers.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klage nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger nicht alle Miterben verklagt hat. Ein Nachlassgläubiger hat bis zur Teilung des Nachlasses die Wahl, ob er die Miterben als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB) in Anspruch nimmt, oder ob er von ihnen (lediglich) die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass in Form der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) verlangt (Senatsurteil v. 10.2.1988 – IVa ZR 227/86, NJW-RR 1988, 710 [juris Rn 8]). Hier hat der Kläger keine Gesamthandsklage erhoben, bei der er sämtliche Miterben hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. BeckOK BGB/Lohmann, [Stand: 1.2.2021] § 2059 Rn 6), sondern er begehrt ausweislich der eindeutigen Formulierung im Antrag eine gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten gemäß § 2058 BGB. In diesem Fall ist es nicht erforderlich, dass sämtliche Miterben verklagt werden (vgl. MüKo-BGB/Ann, 8. Aufl. § 2058 Rn 23; Palandt/Weidlich, BGB 80. Aufl. § 2059 Rn 4, 11). Vielmehr kann sich die Klage – wie hier – auch nur gegen einzelne Miterben als Gesamtschuldner richten (vgl. § 421 BGB).

Gemäß § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB kann ein Pflichtteilsanspruch ferner, auch wenn dem Testamentsvollstrecker – wie hier der Beklagten zu 6 – die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen die Erben geltend gemacht werden. Diese Klage kann indessen – wie hier durch den Antrag zu 2 geschehen – mit einem Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung verbunden werden, um gemäß § 748 Abs. 3 ZPO eine Vollstreckung in den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass zu ermöglichen (MüKo-BGB/Zimmermann, 8. Aufl. § 2213 Rn 13; vgl. auch BGH, Urteile v. 11.5.2006 – IX ZR 42/05, BGHZ 167, 352 Rn 25; vom 3.12.1968 – III ZR 2/68, BGHZ 51, 125 [juris Rn 20]; RGZ 109, 166 f.). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann von einer willkürlichen Verknüpfung der beiden Ansprüche nicht gesprochen werden. Der Antrag zu 2 ist hierbei dahin auszulegen, dass er sich hinsichtlich der Duldung der Zwangsvollstreckung auf denselben Betrag bezieht wie der Zahlungsantrag zu 1 gegen die Miterben.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagten – auf der Grundlage des Revisionsvorbringens und vorbehaltlich der von den Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung (dazu unter III.) – ein Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 S. 1 BGB in Höhe von 3.209,04 EUR zu. Der Kläger ist als Abkömmling der Erblasserin gemäß § 2303 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigt. Sein Pflichtteil als einziger Abkömmling beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 1924 Abs. 1, § 2303 Abs. 1 BGB).

Ausweislich der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts sollten die von der Erblasserin in ihrem Testament eingesetzten Personen ihre alleinigen Erben sein, auch wenn sich deren Erbeinsetzung rechnerisch zusammen nur auf eine Quote von 55 % bezog. Hierbei kann offenbleiben, ob sich dies bereits aus einer entsprechenden Auslegung des Testaments mit einer Erhöhung der Quoten ergibt (so die Fallgestaltung BayObLG ZEV 2003, 241 [juris Rn 24 f.] bei Erbeinsetzung von zwei Personen zu je 40 % und Verwendung weiterer 20 % für die Grabpflege) oder – wie das Berufungsgericht angenommen hat – aus einer quotalen Erhöhung der Bruchteile gemäß § 2089 BGB. Jedenfalls bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Erblasserin eine Erbeinsetzung durch letztwillige Verfügung nur zu 55 % und im Übrigen gesetzliche Erbfolge hätten eintreten sollen. Ausgehend hiervon ergibt sich für den Kläger, de...

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