Die damals 15jährige Erblasserin verunglückte, wie das KG Berlin ausführt (Rn 5), im Jahr 2012 "unter bisher ungeklärten Umständen tödlich. Sie wurde im Berliner U-Bahnhof Schönleinstraße von einer einfahrenden U-Bahn erfasst und verstarb wenig später im Krankenhaus." Ihre Eltern traten in Erbengemeinschaft die Rechtsnachfolge an. Um die Umstände des Todes ihrer Tochter aufzuklären, wollten sich die Eltern mit den ihnen zur Verfügung stehenden Zugangsdaten bei dem Benutzerkonto ihrer Tochter bei Facebook anmelden. Sie erhofften sich dadurch insbesondere Aufschluss darüber, ob ihre Tochter Suizid begangen hatte. Allerdings hatte Facebook in der Zwischenzeit – ebenfalls auf noch ungeklärte Art und Weise – von dem Tod der Erblasserin erfahren und ihr Benutzerprofil nach Maßgabe der Nutzungsbedingungen von Facebook in den "Gedenkzustand" versetzt. Auf ein von Facebook in den Gedenkzustand versetztes Benutzerkonto kann man auch dann nicht mehr zugreifen, wenn man sich im Besitz der Zugangsdaten befindet.[3]

Das LG Berlin hatte in seinem erstinstanzlichen Urteil dazu noch Folgendes ausgeführt:[4] Der "Fahrer der U-Bahn, die die Verstorbene erfasste, forderte die Eltern der Erblasserin als Erben zur Zahlung von Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes auf. Begründet wurde der geltend gemachte Anspruch (...) damit, dass die Erblasserin ihren Tod bewusst herbeigeführt und ihn dadurch zumindest fahrlässig geschädigt habe."

Das KG Berlin nimmt zwar Bezug auf die Sachverhaltsdarstellung des LG Berlin, erwähnt den Umstand der Schadensersatzforderung des Fahrers der U-Bahn aber nicht mehr. Diese Auslassung ist aus meiner Sicht symptomatisch für den grundlegenden Fehler des KG Berlin: Indem es das Schadensersatzbegehren des Fahrers der U-Bahn in seiner Sachverhaltsdarstellung (bewusst?) nicht anspricht, bereitet das Gerichtden Boden dafür, die Interessen der Erben an der Zugangsgewährung in seiner Urteilsbegründung nicht zu berücksichtigen.

[3] Vgl. https://de-de.facebook.com/help/www/1506822589577997/?helpref=hc_fnav# (abgerufen am 5.7.2017).
[4] LG Berlin, Urteil vom17.12.2015 – 20 O 172/15.

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