Einführung
Der BGH hat unlängst bestätigt, dass eine im Handelsregister gelöschte GmbH trotz ihrer Löschung rechts- und parteifähig bleibt, wenn noch verwertbares Gesellschaftsvermögen vorhanden ist.[2] Nach der herrschenden Lehre vom Doppeltatbestand setzt das Erlöschen nämlich zweierlei voraus: Löschung sowie Vermögenslosigkeit.[3] Noch vorhandenes Gesellschaftsvermögen wird trotz der Löschung nicht etwa herrenlos, und ein Prozess wird nicht unzulässig, wenn substanziiert vorgetragen wird, es sei noch Gesellschaftsvermögen vorhanden.[4] Das französische Recht gebraucht dazu den Terminus der "personnalité morale", die unter gewissen Umständen über die Löschung der Gesellschaft hinaus verlängert wird. Wie im deutschen Recht kann in diesem Fall die schon gelöschte Gesellschaft in einem Prozess weiterhin als rechts- bzw. parteifähig sowie zudem als prozessfähig gelten.
I. Von der "clôture de liquidation" zur Registerlöschung
Nach Aufgabenerledigung ruft der Liquidator eine letzte Versammlung der Gesellschafter zusammen, um ihnen die Abschlussrechnung der Liquidation vorzulegen, der die Gesellschafter in der Regel ihr "quitus" erteilen (Entlastung). Mit der "clôture de liquidation" verliert die Gesellschaft ihre "personnalité morale" und der Liquidator sein Mandat; gleichwohl besagt Art. 1844-8 Absatz 3 des Code civil, dass die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft zum Zwecke der Liquidation aber bis zur Veröffentlichung ihres Abschlusses fortbestehen kann: La personnalité morale de la société subsiste pour les besoins de la liquidation jusqu‘à la publication de la clôture de celle-ci.
Obwohl die Gesellschaft als solche aufgelöst ist, existiert ihre Rechtspersönlichkeit weiter, sodass immer noch die Vermögensmassen der Gesellschafter und der Gesellschaft nebeneinander bestehen. Die Ansprüche, die die Gläubiger vorbringen, können sie weiterhin gegen die Gesellschaft als einziger Schuldnerin geltend machen. Ferner dürfen die Gesellschafter ihre Anteile an Dritte abtreten. Dies wird im französischen Gesellschaftsrecht uneingeschränkt vertreten.[5] Die Gesellschafter können den Liquidator ferner auf Haftung verklagen,[6] wobei der Klaganspruch gemäß Art. L 237-13 Code de commerce nach fünf Jahren verjährt.[7] Die "personnalité morale" der liquidierten Gesellschaft wird auch nach der Löschung aus dem Register solange aufrechterhalten, bis die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsgrund erfüllt sind.[8] Die aufgelöste Gesellschaft besteht nur noch "en sursis", d. h. "auf Bewährung" bzw. mit aufgeschobenem Ende. Neue Aktivitäten sind davon nicht umschlossen. In der Literatur werden dazu passend sinnbildlich die Bilder bemüht von einer sich nur noch selbst aufzehrenden Kerze oder von einem Schiff, dessen Maschinen ausgeschaltet sind, aber das noch auf seiner Spur bzw. seinem Fahrwasser ausgleitet:[9] En d‘autres termes, la capacité juridique de la société est réduite aux actes nécessaires aux opérations de liquidation. Les images qui s‘imposent ici sont celles de la bougie qui se consume ou du navire dont les machines sont arrêtées qt qui continue à courir sur son erre (sa vitesse acquise) ; il est de moins en moins manoeuvrable et s‘immobilisera bientôt.
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