Entscheidende Voraussetzung der gesetzlichen Begriffsdefinition ist das Erfordernis einer "rechtlichen Prüfung". Die gesetzliche Definition der Rechtsdienstleistung ist im Verlauf der Gesetzesentwicklung mehrfach geändert worden. Noch im Regierungsentwurf wurde die Rechtsdienstleistung definiert als "jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie nach der Verkehrsanschauung oder der erkennbaren Erwartung der Rechtsuchenden eine besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert." Nach Beratungen im Rechtsausschuss wurde die Definition dahingehend geändert, dass das Wort "besondere" gestrichen wurde. Der Rechtsausschuss brachte in seiner Begründung zum Ausdruck, dass eine inhaltliche Änderung durch die Streichung nicht beabsichtigt wäre und diese nur der Klarheit diene.[17] Folgerichtig hält das Bundesjustizministerium in seinen auf der Homepage veröffentlichten "Eckpunkten" an den Beispielen aus der Entwurfsbegründung fest.[18] Die "Geltendmachung unstreitiger Ansprüche" und die "Mitwirkung bei Vertragsschluss oder Vertragskündigung" sollten nicht als Rechtsdienstleistung erfasst sein, da hier nur eine bloße Rechtsanwendung vorliege. Demnach dürfte eine Kfz-Werkstatt mit der gegnerischen Versicherung Reparaturkosten abrechnen und auch die allgemeine Schadenspauschale geltend machen. Ein Energieberater dürfe Verträge seiner Kunden kündigen und neue abschließen. Fraglich ist, ob diese Rechtsansichten des BMJ weiterhin Bestand haben. Die "bloße Rechtsanwendung" soll sich von der "rechtlichen Prüfung" dadurch abgrenzen, dass bei der rechtlichen Prüfung ein juristischer Subsumtionsvorgang stattfinde.

Sowohl die Anwendung als auch die Prüfung eines Rechts setzt jedoch eine Subsumtion voraus. Auch bei vorhandenem Wissen wird ein Rechtsanwalt möglicherweise zwar ohne Hinzuziehung von Literatur arbeiten, er wird aber dennoch eine Subsumtion des Sachverhalts vornehmen. Dieses Kriterium ist daher zur Abgrenzung nicht geeignet. Auch in dem angeführten Beispiel der Vertragskündigung durch einen Energieberater wird in der Regel eine Prüfung der Kündigungsmöglichkeiten im Hinblick auf Form und Frist vonnöten sein. Eine rechtliche Prüfung und damit eine Rechtsdienstleistung ist hier zu bejahen. Dies heißt nicht, dass der Anwendungsbereich des RDG immer eröffnet ist. Bei allgemeinen Rechtsauskünften und rechtsbesorgenden Bagatelltätigkeiten[19] liegt wie auch nach bisherigem Recht keine Rechtsdienstleistung vor. Geschäftsbesorgungstätigkeiten, die keine rechtliche Prüfung erfordern, werden nicht erfasst.[20] Immer handelt es sich um simple, schematisch nicht rechtliche Tätigkeiten. Die Frage, ob eine rechtliche Prüfung vorgenommen wird, kann objektiv zu bejahen sein. Dies ist der Fall, wenn die maßgebliche Verkehrsanschauung eine rechtliche Prüfung für erforderlich halten würde. Zum anderen kann eine rechtliche Prüfung subjektiv erforderlich sein, etwa wenn der Wunsch des Rechtsuchenden auf eine besonders eingehende juristische Beratung gerichtet ist. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass der Anwendungsbereich des RDG anhand der Definition der Rechtsdienstleistung im Vergleich zur bisherigen Rechtsprechung nicht eingeschränkt wird.

[17] Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/6634, S. 51.
[18] Eckpunkte des BMJ sind abzurufen unter: http://www.bmj.de/enid/976c95a64621529ecaa4dd9804394fbO,o/Rechtsdienstleistung/Eckpunkte_RDG_oq.html (zuletzt abgerufen am 6.6.2008).
[19] So auch zum RBerG: BVerfG, NJW, 2007, 2391, 2393 (Anti-Strafzettel).
[20] So auch zum RBerG: BVerfG, NJW 2007, 2389, 2390 (Interessenverband).

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