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Damit die beiden Instrumente Vorsorgevollmacht und Erbschein zueinander in Bezug stehen können, muss ein verbindendes Element hinzutreten, nämlich der Tod. Verstirbt der Vollmachtgeber und hinterlässt er eine sog. transmortale oder gar postmortale Generalvollmacht wird mitunter die rechtlich nicht einfache Frage zu beantworten sein, ob der Bevollmächtigte sich als Erbe gesondert (durch einen Erbschein) ausweisen muss oder als Bevollmächtigter bereits hinreichend ausgewiesen ist.

I. Einleitung

In der Praxis sind Vorsorgevollmachten, sowohl in notarieller als auch in einfacher Form, weit verbreitet. Die im Jahr 2020 allein knapp 400.000 neu registrierten Vorsorgeverfügungen stellen ihre wachsende Beliebtheit bei der Bevölkerung unter Beweis.[2]

Verstirbt nun der Vollmachtgeber und hinterlässt er eine sog. transmortale oder gar postmortale Generalvollmacht wird die rechtlich nicht einfache Frage zu beantworten sein, ob der Bevollmächtigte sich als Erbe gesondert (durch einen Erbschein) ausweisen muss oder als Bevollmächtigter bereits hinreichend ausgewiesen ist. Eine Vorsorgevollmacht gilt im Vergleich zum Erbschein, dem traditionellen Legitimationspapier für den Erben, schließlich als praktischer: Sie ist kostengünstiger, flexibler und beansprucht weniger Zeit und Aufwand. Daher wird jeder Praktiker, der mit der Gestaltung einer solchen Vollmacht oder bei der Anwendung der Vollmacht in Berührung kommt, die Besonderheiten und Auswirkungen beider Varianten in den Blick nehmen müssen. Dabei gilt es auch die uneinheitliche Rechtsprechung der letzten Jahre zu berücksichtigen: zuletzt hat insoweit ein Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 2.3.2021 für Aufsehen gesorgt, aus dem eine erhebliche Stärkung der Position des bevollmächtigten Erben hervorgeht.[3]

Der Praktiker wird sich daher (a) bei der Gestaltung der entsprechenden Vollmacht überlegen müssen, inwieweit er die Anwender aufklärt oder sogar aufzuklären hat, dass die Möglichkeit besteht nach dem Tod bei einer grundbuchrechtlichen Eigentumsübertragung den Erbschein durch die Verwendung der Vollmacht zu ersetzen. Zudem wird sich der Praktiker (b) mit der Frage befassen müssen, inwieweit er nach dem Tod die Verwendung der Vollmacht bei einer grundbuchrechtlichen Eigentumsübertragung empfehlen kann und welche Stolpersteine vermieden werden sollten. Der nachfolgende Beitrag wird sich daher mit der jüngst ergangenen Rechtsprechung auseinandersetzen und im Wesentlichen aus der praktischen Fallperspektive die aktuellen Fragen zum Thema der transmortalen Vollmacht aufwerfen und dabei Möglichkeiten aufzeigen, wie in der (notariellen) Praxis mit den einzelnen Problembereichen umgegangen werden kann.

[2] Siehe hierzu die Quartalsmeldungen der Bundesnotarkammer (Zentrales Vorsorgeregister) unter https://www.vorsorgeregister.de/Presse/Statistik/2019/index.php; am 31.12.2020 waren im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer fast 5 Millionen Eintragungen registriert, vgl. auch Mitteilung BNotK Aktuell 1/21.

II. Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins?

Die Frage, ob die Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins besteht, hängt von der jeweiligen Fallkonstellation ab. Zunächst ist festzuhalten, dass die transmortale Vollmacht kein geeignetes Legitimationspapier ist, um die Erbfolge im Grundbuch berichtigen zu können. Für die Eintragung der Erbfolge im Grundbuch ist § 35 Abs. 1 GBO – mit dem dort verankerten Nachweistypenzwang – maßgeblich. Die Grundbuchberichtigung kann nur bei Vorlage eines Erbscheins oder einer öffentlich beurkundeten Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsniederschrift erfolgen.[4] Somit scheidet eine Eintragung aufgrund einer Berichtigungsbewilligung des Bevollmächtigten nach §§ 22, 19 GBO aus.

Angesichts der unterschiedlichen Positionen der Rechtsprechung, insbesondere der des KG, stellt sich die Frage, inwiefern und in welchen Fallkonstellationen die Verwendung der Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt möglich, sinnvoll und rechtssicher erscheint und die Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins entfallen lässt.

[4] OLG Schleswig, Urt. v. 15.7.2014 – 2 W 48/14, FGPrax 2014, 206, 207, Weidlich, ZEV 2016, 57, 60.

1. Verwendung der Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt – Grundsatz

Nach § 39 Abs. 1 GBO ist eine Voreintragung des Betroffenen grundsätzlich immer erforderlich. Wenn also nach dem Grundbuchverfahrensrecht eine Voreintragung der Erben notwendig ist, ist der förmliche Erbnachweis notwendig. Dieser ließ sich lange Zeit nicht mit der Verwendung der Vollmacht erzeugen. Zumindest ist hier die Ausnahme nach § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO zu beachten: Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll. Das bedeutet, dass der Erbe sich dabei auch durch den transmortalen Bevollmächtigten des Erblassers vertreten lassen kann. Die vom transmortalen Bevollmächtigten im Namen der Erben erklärte Auflassung ist ohne Voreintragung der Erbe im Grun...

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