Die Frage, ob die Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins besteht, hängt von der jeweiligen Fallkonstellation ab. Zunächst ist festzuhalten, dass die transmortale Vollmacht kein geeignetes Legitimationspapier ist, um die Erbfolge im Grundbuch berichtigen zu können. Für die Eintragung der Erbfolge im Grundbuch ist § 35 Abs. 1 GBO – mit dem dort verankerten Nachweistypenzwang – maßgeblich. Die Grundbuchberichtigung kann nur bei Vorlage eines Erbscheins oder einer öffentlich beurkundeten Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsniederschrift erfolgen.[4] Somit scheidet eine Eintragung aufgrund einer Berichtigungsbewilligung des Bevollmächtigten nach §§ 22, 19 GBO aus.

Angesichts der unterschiedlichen Positionen der Rechtsprechung, insbesondere der des KG, stellt sich die Frage, inwiefern und in welchen Fallkonstellationen die Verwendung der Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt möglich, sinnvoll und rechtssicher erscheint und die Notwendigkeit der Vorlage eines Erbscheins entfallen lässt.

[4] OLG Schleswig, Urt. v. 15.7.2014 – 2 W 48/14, FGPrax 2014, 206, 207, Weidlich, ZEV 2016, 57, 60.

1. Verwendung der Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt – Grundsatz

Nach § 39 Abs. 1 GBO ist eine Voreintragung des Betroffenen grundsätzlich immer erforderlich. Wenn also nach dem Grundbuchverfahrensrecht eine Voreintragung der Erben notwendig ist, ist der förmliche Erbnachweis notwendig. Dieser ließ sich lange Zeit nicht mit der Verwendung der Vollmacht erzeugen. Zumindest ist hier die Ausnahme nach § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO zu beachten: Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll. Das bedeutet, dass der Erbe sich dabei auch durch den transmortalen Bevollmächtigten des Erblassers vertreten lassen kann. Die vom transmortalen Bevollmächtigten im Namen der Erben erklärte Auflassung ist ohne Voreintragung der Erbe im Grundbuch vollzugsfähig.[5] Anerkannt ist zudem, dass unter einer Übertragung des Rechts i.S.v. § 40 Abs. 1, 1 Alt. GBO auch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu verstehen ist, so dass eine Voreintragung der Erben daher auch insoweit entbehrlich ist.[6]

[5] OLG Frankfurt, Urt. v. 29.6.2011 – DNotZ 2012, 140, 141, Weber, ErbR 2018, 189.

2. Konfusionshindernis für den bevollmächtigten (Allein-)Erben

Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerben gehen, wenn das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, prinzipiell durch Konfusion unter. Daher könnte auch die Verwendung der transmortalen Vollmacht durch den Erben verbaut sein. So hat noch das OLG Hamm[7] vor noch nicht allzu langer Zeit festgehalten: "Eine Vollmacht erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird." Im Ergebnis mangele es an der für einen Grundbucheintrag unverzichtbaren Legitimationswirkung der Vollmacht.[8]

a) Rechtsprechung der OLG Schleswig und München

Dieses zunächst unüberwindbare Hindernis wurde sodann durch die Entscheidung des OLG Schleswig[9] relativiert. Das Gericht verneinte die Notwendigkeit der Verwendung eines Erbscheins und bekräftigte so die Position des bevollmächtigten Miterben. Die transmortal ausgestaltete, nicht widerrufene Generalvollmacht binde den oder die Erben und befreie vom Erbennachweis in der Form des § 35 GBO. Die Übertragung eines Grundstücksrechts setzt auch keine vorherige Grundbuchberichtigung durch Voreintragung mit entsprechendem Erbnachweis voraus. Jedenfalls für einen bevollmächtigten Miterben bestehen keine Bedenken, dass eine Vollmachtstellung mit dem Erbfall durch Konfusion hinfällig geworden sei.[10] Da der Bevollmächtigte nicht für sich, sondern für den gesamthänderischen gebundenen Nachlass handelt, bestünden keine Zweifel an der Fortgeltung der Vollmacht. Materiell-rechtlich bestände ohnehin kein Unterschied, ob der Erklärung des bevollmächtigten Erben aus seinem Recht als Miterbe oder dem als Stellvertreter Wirkung gegeben wird.[11]

Die Entscheidung des OLG Schleswig zeigte somit auf, dass der bevollmächtigte Miterbe ohne entsprechenden Erbnachweis handeln kann. Dieser Ansicht wurde sodann noch durch die Entscheidung des OLG München bestärkt. Demnach ist der grundbuchliche Vollzug einer Eigentumsübertragung durch zugelassenes Insichgeschäft, das der Bevollmächtigte aufgrund einer transmortalen Vollmacht des verstorbenen eingetragenen Berechtigten sowie in eigenem Namen an sich vornimmt, nicht zwingend von einem Erbennachweis nach § 35 GBO abhängig, auch wenn der Bevollmächtigte als potentieller Alleinerbe in Betracht kommt.[12] Die Rechte des Bevollmächtigten leiten sich demnach vom Erblasser, nicht aber von dem Erben ab und umfassen nach Ausgestaltung der Vollmacht auch die Auflassung § 925 BGB, die Bewilligung § 19 GBO und die Umschreibungsanträge § 13 GBO.[13] Das möglicherweise bestandene Konfusionshindernis schien überwunden. Allerdi...

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