Auf einen Blick

Der Gesetzgeber verfolgt mit den erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen das Ziel, den Bestand der übertragenen Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu schützen. Denn durch die Erbschaftsteuerlast dürfte sich der Steuerpflichtige wegen Liquiditätsschwierigkeiten veranlasst sehen, zur Begleichung der Steuerschuld auf das Unternehmen zuzugreifen und Arbeitsplätze abzuschaffen. Diese uneingeschränkte Gefährdungsvermutung kann nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Rechtfertigung der durch die Verschonungen eintretenden Ungleichbehandlungen im Fall von Großerwerben herangezogen werden. Zur Abgrenzung von Großerwerben führte der Gesetzgeber deshalb als Reaktion auf die vom Bundesverfassungsgericht insoweit festgestellte Verfassungswidrigkeit die sogenannte 26-Mio.-Euro-Erwerbsgrenze ein. Hierbei sowie bei dem im Fall des Überschreitens geltenden Abschmelzmodell und der Verschonungsbedarfsprüfung legt der Gesetzgeber eine Erwerbsperspektive zugrunde. Unter Berücksichtigung der die Verschonungsregelungen rechtfertigenden Gefährdungsvermutung ist jedoch folgerichtig auf eine Unternehmensperspektive abzustellen. Denn nur mit Blick auf das Unternehmen kann konsequenterweise festgestellt werden, ob bei einem Zugriff des Steuerpflichtigen eine tatsächliche Gefährdung der Arbeitsplätze oder sogar des Unternehmensbestands gegeben ist. Ob diese Regelungen sowie weitere durch die Erbschaftsteuerreform 2016 eingeführte Neuregelungen, die ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sind[26], künftig erneut vom Bundesverfassungsgericht untersucht und beurteilt werden, bleibt abzuwarten.

Autor: von Dr. Marit Warias, Rechtsanwältin, WARIAS Steuerberatungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Düsseldorf

ZErb 7/2021, S. 257 - 261

[26] Vgl. hierzu Warias, Die Erbschaftsteuerreform 2016.

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