§ 516 Abs. 1 BGB ist atypisch, weil er nicht die vertragstypischen Pflichten regelt, sondern für einen dinglichen Vorgang, Zuwendung genannt, den Rechtsgrund nennt. Denn die Zuwendung ist das Erfüllungsgeschäft, für das der Schenkungsvertrag die Rechtsgrundlage bildet. Bei einem Schenkungsversprechen (§ 518 Abs. 1 BGB) kommt mit der Annahme des Versprechens der Schenkungsvertrag zustande, der dem Beschenkten einen Anspruch auf das Geschenk gibt. Hier liegt die Zuwendung in der Erfüllung des Anspruchs. Er ist nur eine Vorstufe.

Die Zuwendung ist eine Verfügung zugunsten eines anderen,[3] also ein Rechtsgeschäft. Verfügung im Sinne des BGB wiederum ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar auf einen Gegenstand einwirkt, also auf eine Sache oder ein Recht. Denn nur ihnen kommt nach dem BGB rechtliche Substanz zu. Weitergehend wird auch gesagt, eine Zuwendung könne in den Grenzen der Negativdefinition des § 517 BGB auch in einem tatsächlichen Verhalten bestehen, z. B. in einer Verbindung (§§ 946, 947 BGB).[4] Ob das noch Auslegung oder schon Analogie ist, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen.

Die Verfügung über einen Gegenstand setzt denknotwendig voraus, dass der Gegenstand vor der Verfügung bereits existiert. Daher kann die erstmalige Begründung eines Rechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) keine Zuwendung sein. Darauf sind die Vorschriften über die Schenkung aber analog anzuwenden. Denn die originäre Begründung eines Anspruchs in der Hand eines anderen ist der Begründung eines Anspruchs in der Hand des einen mit anschließender Zuwendung des Anspruchs an den anderen gleichwertig. Beide unterscheiden sich nur rechtstechnisch im Vertragsweg und in der Anzahl der Verträge.

Eine schuldrechtliche Leistung kann nach § 241 Abs. 1 BGB in einem Tun, einem Dulden oder einem Unterlassen bestehen. Das sind alles tatsächliche Vorgänge, auch als Teilakte beim Bewirken einer Erfüllung (§ 362 BGB). Eine Dienst- oder Werkleistung als Tun und eine Nutzung als Dulden kann selbst nicht Objekt einer Verfügung und damit auch nicht Objekt einer Zuwendung sein. Denn sie sind tatsächliche Vorgänge und keine Gegenstände im Sinne des BGB. Sie haben keine rechtliche Substanz. Über sie zu verfügen ist unmöglich. Zugewendet werden kann nur ihr Ergebnis, wenn es seinerseits ein Gegenstand ist. Die Reiseleistung eines Reiseveranstalters aus einem Pauschalreisevertrag (§ 651 a Abs. 1 BGB), die unter anderem in einer Werkleistung, der Beförderung, und einem Dulden der Benutzung der gemieteten Kabine und anderer nach dem Vertrag zugänglicher Schiffseinrichtungen besteht, kann der Reisende daher nicht zuwenden. Daher ist Mitnahme auf die Reise keine Zuwendung. Denn sie vermittelt nur eine Teilhabe an tatsächlichen Vorgängen.

Zuwenden kann jemand durch ein Schenkungsversprechen einen Anspruch gegen sich auf Teilhabe an den Leistungen. In der Begründung des Anspruchs liegt noch keine Zuwendung, sie liegt erst in der Erfüllung. Aber das ist im Allgemeinen nicht der Fall. Abgesehen von der fehlenden Form erfolgt die Mitnahme in einer Lebenspartnerschaft ohne Rechtsbindungswillen. Der Einladende will sich nicht zu einer Leistung verpflichten, für deren Erfüllung er einstehen müsste.

Zuwenden kann jemand aber einen Anspruch gegen einen Dritten auf die Teilhabe an einer Dienst- oder Werkleistung oder einer Nutzung. Den kann er zuvor erworben haben. Er kann ihn auch durch einen Vertrag zugunsten Dritter beim anderen originär entstehen lassen. Und er kann ihn dem anderen zuwenden, indem er dem anderen Geld gibt, damit er den Anspruch erwerben kann. Auch hier besteht kein Anlass, die Vorgänge unterschiedlich zu behandeln, weil sie sich rechtstechnisch unterscheiden. So gesehen kann man in Allgemeinsprache sagen, dass man eine Dienst- oder Werkleistung und eine Nutzung schenken kann. Aber Zuwendungsgegenstand im Rechtssinne ist der Anspruch darauf.

[3] E. Wolf, Allgemeiner Teil, 3. Aufl., S. 515; Schuldrecht Bd. II, S. 67 f.
[4] Weidenkaff in Palandt, 77. Aufl., § 516 BGB Rn 5.

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