Bezieht der Pflichtteilsberechtigte bereits beim Erbfall ALG II, geht der Pflichtteilsanspruch mit dem Erbfall kraft Gesetzes und ohne dass eine Überleitungsanzeige erforderlich wäre, auf den Leistungsträger über (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB II).[3] Ein Erlassvertrag zwischen dem Leistungsbezieher und dem Erben (§ 397 BGB) ist dann schon mangels Forderungsinhaberschaft und unabhängig von § 138 BGB unwirksam.[4] Dem Leistungsträger kann regelmäßig nicht nach den §§ 407 Abs. 1, 412 BGB entgegengehalten werden, dass der Erbe (Zessionar) die Legalzession nicht kannte; der gesetzliche Forderungsübergang als Ausfluss des Nachranggrundsatzes ist den Beteiligten – zumal engen Familienangehörigen beim Erlass (§ 397 BGB) – zumindest laienhaft bekannt.

Demgegenüber findet bei der Sozialhilfe kein Übergang kraft Gesetzes statt. Vielmehr bewirkt erst die schriftliche Überleitungsanzeige, dass der Pflichtteilsanspruch auf den Träger in der Höhe der von ihm seit dem Erbfall erbrachten[5] Sozialleistungen übergeht (§ 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII).[6] Die in § 93 Abs. 2 SGB XII angeordnete Rückwirkung führt dazu, dass der Leistungsempfänger seine Forderungsinhaberschaft am entstandenen Pflichtteilsanspruch für die Zukunft, nicht jedoch rückwirkend verliert.[7]

Weil auch unpfändbare Ansprüche auf den Leistungsträger übergehen (§ 33 Abs. 1 S. 2 SGB II, § 93 Abs. 1 S. 4 SGB XII), kann der Leistungsträger den Pflichtteils(ergänzungs)-anspruch auch dann durchsetzen, wenn die lediglich für andere Gläubiger geltenden einschränkenden Pfändungsvoraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO (vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit) nicht gegeben sind (Privilegierung des Leistungsträgers).[8]

[3] Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 33, Rn 22.
[4] Vgl. Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 33, Rn 25; Merten, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK SGB II, § 33, Rn 5; Schröder, in: Jahn, SGB, § 93, Rn 12; hinsichtlich der Rechtswahrungsanzeige nach altem Sozialhilferecht offenlassend BGH v. 17.9.1986, IVb ZR 59/85, NJW 1987, 1546.
[6] Köbl, ZfSH/SGB 1990, 449, 459.
[7] Gerenkamp, in: Mergler/Zink, SGB XII, Rn 40. Zur Sittenwidrigkeit des Erlasses in derartigen Fällen vgl. unten II. 2.
[8] BGH v. 8.12.2004, IV ZR 233/03, NJW-RR 2005, 369 = ZEV 2005, 117; BGH v. 19.10.2005, IV ZR 235/03, NJW-RR 2006, 223 = ZEV 2006, 76; OLG Frankfurt v. 7.10.2003, 14 U 233/02, ZEV 2004, 24 = RNotZ 2004, 164; van de Loo, NJW 1990, 2852, 2856; aA BayObLG v. 18.9.2003, 3Z BR 167/03, NJW-RR 2004, 1157; Muscheler, Universalsukzession und Vonselbsterwerb (2002), 235; ders., ZEV 2005, 119.

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