Leitsatz

Ablehnung einer Volljährigenadoption, die als Adoption mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme beantragt ist, wegen überwiegender Interessen des leiblichen Vaters der erwachsenen Anzunehmenden.

OLG München, Beschluss vom 8. Mai 2009 – 31 Wx 147/08 Str

Sachverhalt

Mit notarieller Urkunde vom 22.8.2007 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Annahme der Beteiligten zu 2 (geb. 1978) als Kind durch den Beteiligten zu 1 (geb. 1946), dem Ehemann von deren leiblicher Mutter, der Beteiligten zu 4, die ihre Einwilligung zur beantragten Adoption erteilt hat. Beantragt wurde die Adoption mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme (Volladoption). Das Amtsgericht hörte das zuständige Jugendamt schriftlich und den leiblichen Vater der Anzunehmenden (Beteiligter zu 3) zunächst schriftlich und am 29.4.2008 mündlich an. Dieser ist mit einer Adoption seiner erwachsenen nichtehelichen Tochter durch den Beteiligten zu 1 grundsätzlich einverstanden; allerdings habe der Ausspruch, dass die beantragte Adoption die Wirkung einer Minderjährigenadoption hat, zu unterbleiben, da dies seine Interessen gefährde. Durch die Volladoption verliere er seinen grundsätzlich bestehenden Unterhaltsanspruch gegenüber der Beteiligten zu 2, der er – mit einer Unterbrechung von zwei Jahren – bis zur Vollendung des 28. Lebensjahrs Unterhalt geleistet habe.

Mit Beschluss vom 14.8.2008 lehnte das Amtsgericht die Adoption der Beteiligten zu 2 durch den Beteiligten zu 1 ab. Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde ein. Diese wies das Landgericht mit Beschluss vom 10.11.2008 zurück. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2.

Aus den Gründen

Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg. (...) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und der Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (vgl. BayObLG FamRZ 2005, 131). Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht vorliegend die Adoption der Beteiligten zu 2 durch den Beteiligten zu 1 – abgesehen von der Frage des Eintritts der Wirkungen der Minderjährigenannahme – für sittlich gerechtfertigt gehalten.

b) Den Ausspruch einer Annahme mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption gemäß § 1772 Abs. 1 BGB hat es mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung abgelehnt.

aa) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 1772 Abs. 1 lit. b und c BGB kumulativ vorliegen, woraus jedoch nicht zwingend folgt, dass die beantragte Volladoption auszusprechen, sondern zu prüfen ist, ob nicht gewichtige Gründe einer Volladoption entgegenstehen. Nach § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB darf der Ausspruch nicht erfolgen, wenn überwiegende Interessen der leiblichen Eltern des Anzunehmenden entgegenstehen. Hierfür reichen unterhaltsrechtliche ebenso wie erbrechtliche Interessen aus (vgl. nur Staudinger/Frank BGB Neubearbeitung 2007, § 1772 Rn 6).

bb) Wird der Ausspruch der Adoption eines Volljährigen mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme beantragt (Volladoption), erstreckt sich die Prüfung der sittlichen Rechtfertigung auch auf die mit einer Volladoption einhergehenden Folgen. Durch die Volladoption wird – anders als bei der normalen (sog. schwachen) Adoption eines Volljährigen, vgl. § 1770 BGB – wie bei der Adoption eines Minderjährigen das rechtliche Band zwischen der Anzunehmenden und ihrem leiblichen Vater unwiderruflich zerschnitten; das Verwandtschaftsverhältnis und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten wie Unterhaltsansprüche und das gesetzliche Erbrecht erlöschen. Ob die Volladoption sittlich gerechtfertigt ist, ist Tat- und Rechtsfrage; hierbei ist eine umfassende Abwägung der Interessen der von der Adoption betroffenen Personen vorzunehmen. Die Feststellung der einzelnen Tatumstände ist dem Tatrichter vorbehalten. Nur wenn er zu der Überzeugung gelangt, dass die Volladoption sittlich gerechtfertigt ist (vgl. MüKoBGB/Maurer 4. Aufl. § 1772 Rn 8; Staudinger/Frank BGB § 1772 Rn 6), darf er sie aussprechen.

cc) Das Landgericht hat den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt ausreichend aufgeklärt. Es hat sich mit den Argumenten der Beschwerdeführer und denjenigen des leiblichen Vaters auseinandergesetzt, die Interessen der Beteiligten sorgfältig gegeneinander abgewogen und hierbei die Gründe, die gegen den Ausspruch einer Volladoption sprechen, für gewichtiger gehalten. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand, dass der Adoptionsantrag erst gestellt wurde, als die Anzunehmende nicht mehr in unterhaltsrechtlich relevanter Ausbildung stand und daher keine Unterhaltsansprüche mehr gegenüber ihrem leiblichen Vater ge...

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