I. Die Beteiligte zu 2 war die Ehefrau, die Beteiligte zu 3 ist die Tochter des am 11.11.2009 verstorbenen Erblassers.

Ein niederländisches Gericht verurteilte den Erblasser mit rechtskräftigem Urt. v. 9.9.2009 zur Zahlung von 416.354,15 EUR nebst Zinsen und Kosten an die Beteiligte zu 1. 2011 wurde das Urteil für in Deutschland vollstreckbar erklärt und die Vollstreckungsklausel gegen die "unbekannten Erben" des Erblassers erteilt sowie diese dem zwischenzeitlich bestellten Nachlasspfleger zugestellt. Die Nachlasspflegschaft wurde später wieder aufgehoben.

In der Sterbefallsanzeige des Ortsgerichts, deren Inhalt auf den Angaben der Beteiligten zu 2 beruht, sind als Kinder des Erblassers die Beteiligte zu 3 und "eine uneheliche Tochter L., weiteres nicht bekannt, wohnt in GB", angegeben. Die Beteiligten zu 2 und 3 schlugen die Erbschaft aus und fochten die Annahme der Erbschaft wegen Irrtums an. Ein Nachlassinsolvenzverfahren wegen Überschuldung des Nachlasses wurde durchgeführt und nach der Schlussverteilung aufgehoben.

Die Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt beantragt, dass die Beteiligten zu 2 und 3 Erben zu je ½ seien. Das Nachlassgericht hat darauf hingewiesen, dass, sofern die Angaben in der Sterbefallsanzeige zuträfen, neben den Beteiligten zu 2 und 3, unabhängig von der Wirksamkeit ihrer Ausschlagungserklärungen, auch die nichteheliche Tochter Erbin sei, und um Mitteilung gebeten, ob den Verfahrensbeteiligten hinsichtlich dieser Tochter Erkenntnisse vorlägen, die von den Angaben in der Sterbefallsanzeige abwichen. Die Beteiligte zu 1 hat daraufhin hilfsweise einen Erbschein beantragt, wonach der Erblasser zu ½ von der Beteiligten zu 2 und zu je ¼ von der Beteiligten zu 3 und "L.", Nachname und Adresse unbekannt, beerbt worden sei. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Das OLG hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihren Erbscheinsantrag weiterverfolgt.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 74 Abs. 6 S. 2 Alt. 1 FamFG).

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Hauptantrag sei unzulässig, weil die Beteiligte zu 1 ihre Angaben zu dem Verhältnis, auf dem das Erbrecht beruhe, und zu dem etwaigen Wegfall einer Person, durch die das Erbteil der Beteiligten zu 2 und 3 gemindert würde, nicht durch öffentliche Urkunden nachgewiesen oder andere Beweismittel angegeben habe. Sie habe keine Beweise dafür erbracht oder Beweismittel angegeben, dass "L." entweder nie existiert habe oder zumindest kein Abkömmling des Erblassers im Rechtssinne gewesen oder weggefallen sei. Mangels ordnungsgemäßen Erbscheinsantrags sei das Nachlassgericht nicht verpflichtet gewesen, im Wege der Amtsermittlung selbst Nachforschungen zur Existenz von "L." anzustellen. Der Auffassung, dass die Amtsermittlungspflicht bereits dann ausgelöst werde, wenn der Antragsteller Beweismittel ohne Verschulden nicht vorlege, sei zumindest für das frühere Recht (§ 2356 Abs. 1 BGB a.F.) nicht zu folgen, weshalb dahinstehen könne, ob die Beteiligte zu 1 hier ohne Verschulden keine Beweismittel habe vorlegen können. Der Hilfsantrag sei bereits deshalb unzulässig, weil die Bezeichnung einer Erbin mit dem Vornamen ohne nähere Identifizierung nicht Inhalt eines Erbscheins sein könne.

2. Das hält hinsichtlich der Zurückweisung des Hauptantrags der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Beschwerdegericht den Erbscheinsantrag nicht ablehnen.

a) Ein Erbscheinsantrag ist nicht unzulässig, wenn der Antragsteller vom Gesetz geforderte Beweismittel ohne Verschulden nicht angibt (vgl. MüKo-BGB/Mayer, 6. Aufl., § 2356 Rn 2; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 2356 Rn 26; Sternal/Zimmermann, FamFG, 21. Aufl., § 352 Rn 61; a.A. OLG Düsseldorf ErbR 2014, 493, 496 [juris Rn 18]: nur bei objektiver Unmöglichkeit). Stattdessen setzt die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gem. § 2358 BGB a.F., § 26 FamFG ein (vgl. Staudinger/Herzog, BGB [2016], § 2353 Rn 58; Soergel/Zimmermann, a.a.O., Rn 2; BeckOK-FamFG/Schlögel, § 352 Rn 17 [Stand: 1.10.2022]; MüKo-BGB/Mayer, 6. Aufl. 2013, BGB, § 2354 Rn 3 f.). Das ergibt die Auslegung des bis zum 16.8.2015 geltenden § 2356 Abs. 1 BGB (im Folgenden: § 2356 Abs. 1 BGB a.F.), der inhaltlich § 352 Abs. 3 FamFG entspricht.

b) § 2356 Abs. 1 BGB a.F., der gem. Art. 229 § 36 EGBGB auf dieses Verfahren weiter anwendbar ist, bestimmt die vorzulegenden Beweise zu den im Erbscheinsantrag erforderlichen Angaben. Diese Beweismittel "hat" der Antragsteller anzugeben; das ist daher grundsätzlich Voraussetzung eines zulässigen Antrags. Jedoch steht dies unter dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass der Antragsteller solche Beweismittel bei pflichtgemäßem Bemühen überhaupt angeben kann. Dabei ist zu berü...

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