In diesem Kapitel folgen zunächst zwei Praxisbeispiele, die nicht zu einer Änderung der Satzung oder der Geschäftsordnung (GO) der Gesellschafterversammlung sowie ggf. der GO des Aufsichtsrats führen müssen, sondern via Auslegung durch den Vorsitzenden im Vorfeld geregelt werden dürften. Obendrein gehören zu diesem Kapitel Vertretung und Leitung der Gesellschafterversammlung (3). Sollte es bei einer Nachfolge oder Neuaufnahme zur Teilung von Anteilen kommen, kann unterdessen eine Satzungsergänzung vonnöten sein (4).

1. Umfirmierung eines Gesellschafters und Anzeigepflichten

Einer der Gesellschafter hat vor einigen Wochen eine Umfirmierung vorgenommen ohne Meldung an die Forschungs-GmbH, sodass die Gesellschafterliste nicht aktuell ist. In der Vergangenheit wurden solche Änderungen stets vom die Umfirmierung bearbeitenden Notar in die Gesellschafterliste eingetragen und eine neue Gesellschafterliste übermittelt. Da dies nicht geschehen ist, fragt sich nun, ob es eine Vorschrift gibt, dass der umfirmierende Partner diesen Vorgang nicht nur zu melden, sondern sich auch um die Aktualisierung der Gesellschafterliste zu kümmern hat.

Laut § 16 Abs. 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG muss ein Gesellschafterwechsel zwingend gemeldet werden. Auch die Umfirmierung einer Gesellschaft (Anteilseigner) ist bei der Gesellschaft, an der diese Gesellschaft Teilhaber ist, zu melden. Denn es muss lückenlos klar sein, wer Anteilseigner des Gesellschaftsanteils ist (Publizitätscharakter der Gesellschafterliste), aus Gründen der Schuldner- resp. Gläubigerstellung gemäß Rahmenvertrag, aber auch, um Fälle des gutgläubigen Erwerbs zu vermeiden (§ 16 Abs. 3 GmbHG). Denselben Rechtsgedanken tragen §§ 21 ff. Wertpapierhandelsgesetz für die börsennotierten AGs. Die Forschungs-GmbH selbst muss die Korrektur veranlassen, also deren Geschäftsführung, gem. § 40 Abs. 1 GmbHG. Diskutiert wird noch eine Pflicht des Notars, wenn der Notar an der Änderung der Anteilsgesellschaft mitgewirkt hat. Hier steht aber nur eine Umfirmierung des Anteilseigners in Rede, sodass sonach keine Prüfung des Notars vorlag bzgl. der Anteile der Gesellschaft an anderen wie hier dem Anteil an der Forschungs-GmbH. Eine abweichende Regelung wie Rahmenvertrag, sonstige Verträge/Absprachen sind zu prüfen, sodass im Ergebnis die Antwort lautet: Die Geschäftsführung der Forschungs-GmbH muss tätig werden, um eine Listenänderung zu beantragen. Voraussetzung ist indes, dass die Forschungs-GmbH genaue Kenntnis über die Umfirmierung hat (Beibringungspflicht des Anteilseigners über genauen HR-Auszug), sonst wächst der Forschungs-GmbH ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem säumigen Anteilseigner zu.

2. Arbeitgeberwechsel eines Mitglieds bzw. des Vorsitzenden des Aufsichtsrats (AR)

Ein AR-Mitglied beschreibt seine Situation dahingehend, dass er bzw. sogar der AR-Vorsitzende von seinem Arbeitgeber und Anteilseigner zu einem anderen Arbeitgeber wechseln wird. Die Gesellschafterin hat ihn entsandt und wird ihn wohl voraussichtlich trotz Arbeitgeberwechsel nicht als entsendetes AR-Mitglied abberufen. Nun erhebt sich die Frage, wie er in der AR-Liste zu führen ist: Als AR für die Anteilseigner-AG, die ihn als Gesellschafterin entsendet und Muttergesellschaft der neuen Arbeitgeberin des AR-Mitglieds ist, oder für die neue Arbeitgeberin, die keine Gesellschaftsanteile besitzt.

Oftmals ist dies in der Satzung ungeregelt. Hier sollte der Gesellschaftsvertrag Abhilfe schaffen, um den Mitgliedern der Forschungs-GmbH Entsendefreiheit zu bescheinigen, unabhängig von der Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberschaft. Das gilt auch für besondere Funktionen wie den Vorsitz. Problem wäre nur eine Doppelentsendung. Der Anteilseigner bleibt derselbe. Nichts anderes ergibt sich im Allgemeinen aus der GO des AR. Daher bleiben der AR bzw. auch sein Vorsitzender unverändert in der AR-Liste. Zwischen dem alten Arbeitgeber des in den AR entsandten Mitglieds und diesem Mitglied wird wohl nach Ablauf des Arbeits- oder Beratungsvertrags eine Entsendevereinbarung vorhanden sein, die nicht unbedingt schriftlich fixiert sein muss. Das hat die Forschungs-GmbH aber nicht zu prüfen. Ernsthafte Zweifel an der weiteren Entsendung sollten nicht bestehen. Sobald keine förmliche Abberufung oder Entsendung eines neuen AR-Mitglieds vorgelegt wird, bleibt es beim ehemaligen Status.

3. Vertretung der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung, Leitung und Beschlussfassung

Gem. § 48 Abs. 1 GmbHG fassen die Gesellschafter ihre Beschlüsse in Gesellschafterversammlungen (GV). Träger des Stimmrechts sind die Gesellschafter. Die Gesellschaftereigenschaft richtet sich dabei nach § 16 Abs. 1 GmbHG. Mangels abweichender Satzungs- oder GV-Bestimmungen können sich die Gesellschafter vertreten lassen.

Die Gesellschafter als Vertreter ihrer GmbH (§ 35 GmbHG) dürfen es offenhalten, an der GV selbst teilzunehmen oder auch noch kurzfristig einen Vertreter zu schicken, da keine höchstpersönliche Vertretung der Gesellschaft angeordnet ist (§ 47 Abs. 3 GmbHG). Die Vollmacht ist jedoch darzutun und zu beweisen, d.h. Vorlagepflicht der schriftlichen Vollmacht (siehe jeweilige GV-GO i.V.m. § 167 Abs. 2 BGB und § 126 BGB). Beim Stimmrecht ist vielfach von Bevollmächtigten die Rede.

Die orga...

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