Anmerkung

Die Beschlüsse des BGH vom 24.7.2019 und des OLG Frankfurt/Main vom 15.2.2016 scheinen es dem Erben auf den ersten Blick leicht zu machen: Er kann vom Dauervollstrecker Nachlasserträge für Unterhalt und nachlassbedingte Steuern "verlangen". Jedoch wenden beide Beschlüsse die ständige BGH-Rechtsprechung (Urteile vom 14.5.1986 und 4.11.1987) an, wonach der Testamentsvollstrecker selbst dann die Ermessens- und Entscheidungshoheit hat, sofern der Erbe sich auf einen allgemein anerkannten Anspruch beruft. Aufgrund dieses Bezugs ist anzunehmen, dass der Testamentsvollstrecker auch dann seine Entscheidungshoheit über die Verwendung der Nachlasserträge nicht verloren hat, sofern der Erbe Nachlasserträge für Unterhalt und nachlassbedingte Steuern fordert. Einen derartigen "Anspruch" erkennen die beiden Beschlüsse zwar an, begründen ihn aber nicht eigens. Für die Existenz dieses "Anspruchs" verweisen die beiden Gerichte lediglich auf das Schrifttum und das RG. Fraglich ist indes, ob und inwieweit die dort gegebenen Begründungen mit der ständigen Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 14.5.1986 und 4.11.1987) vereinbar und auch im Übrigen tragfähig sind. Denn beide Beschlüsse mussten sich hierzu nicht äußern. Das zitierte Schrifttum oder die Urteile des Reichsgerichts aus den Jahren 1918 und 1922 müssten demnach diese Begründungsarbeit leisten. Nur dann hat der Testamentsvollstrecker die Rechts- und Haftungssicherheit, die er für seine Arbeit braucht. In Teil 2 werden wir versuchen, diese Fragen zu beantworten.

Autor: Von Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmidl , Traunstein

ZErb 5/2020, S. 153 - 161

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