Leitsatz

1. Unter Pflegeleistungen im Sinne von § 2057a BGB sind jedenfalls solche Leistungen zu verstehen, die im Rahmen des Begriffs der Pflegebedürftigkeit in § 14 SGB XI aufgeführt werden. Die Unterstützungsleistung muss aber in zeitlicher Hinsicht deutlich über das hinausgehen, was von anderen Erben erbracht worden ist. Auszugleichen sind mithin überobligatorische Leistungen.

2. Eine Erhaltung des Erblasservermögens kann auch in Gestalt einer Ersparnis der Beträge liegen, die – auch bei fiktiver Gegenrechnung von Leistungen der Pflegeversicherung – zusätzlich aus dem Erblasservermögen für eine professionelle Pflege oder gar für eine Heimunterbringung hätten ausgegeben werden müssen.

OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.2.2020 – 13 U 31/18

1 Gründe

I.

Die Parteien streiten darum, ob dem Beklagten zu 1) Forderungen in Höhe von 40.000 EUR (Pflegekosten) und – zuletzt – 324 EUR (Friedhofsunterhaltungsgebühren) gegen den Nachlass ihrer am … 2016 verstorbenen Mutter A (nachfolgend "Erblasserin") zustehen, deren Erben zu je ¼ sie sind.

Der Beklagte zu 1) pflegte die Erblasserin vom 1.1.2006 bis zu ihrem Tod, zunächst in ihrer eigenen Wohnung und ab Oktober 2009 im Haushalt des Beklagten zu 1). Unterstützung erhielt er hierbei von seiner Familie und vom ambulanten Pflegedienst B. Solange die Erblasserin in ihrer eigenen Wohnung lebte, war zudem eine Haushaltshilfe für sie tätig. Etwa ab dem Zeitpunkt des Umzugs litt die Erblasserin an ausgeprägter Demenz. Für den Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2009 erkannte die Pflegeversicherung der Erblasserin die Pflegestufe I an, für den Zeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2012 die Pflegestufe II und vom 1.1.2013 bis zum Tod der Erblasserin die Pflegestufe III. Das Pflegegeld zahlte die Pflegeversicherung an den Beklagten zu 1) als Pflegeperson aus. Die Erblasserin erhielt überdies eine monatliche Rente von rund 400 EUR. Der Nachlass der Erblasserin hat einen Wert von rund 166.000 EUR.

Mit am 12.12.2017 verkündetem Urteil, den Klägern zugestellt am 30.1.2018, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Klage sei mutmaßlich zum überwiegenden Teil bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Feststellungsanträge seien mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Feststellungsantrag zu 2) sei unbegründet, soweit Ansprüche bis Mai 2026 betroffen seien, für den Folgezeitraum bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Erblasserin habe die Wahlgrabstätte mit einem fest vereinbarten Nutzungszeitende am 30.5.2016 erworben, damit bestehe bis zu diesem Zeitpunkt eine Schuld der Erblasserin, die auf der Passivseite des Nachlasses zu berücksichtigen sei. Soweit der Beklagte zu 1) entsprechende Ansprüche der Gemeinde befriedigt habe, müssten sich die anderen Erben hieran gemäß ihres Erbteils beteiligen. Im Übrigen sei die Verlängerung der Nutzungszeit ab dem Erbfall einvernehmlich erfolgt, so dass die entsprechenden Kosten von den Erben zu tragen seien. Schließlich sei auch der Feststellungsantrag zu 1) gegenüber dem Beklagten zu 1) unbegründet. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass dem Beklagten zu 1) wegen der gegenüber der Erblasserin erbrachten Pflegeleistungen ein Ausgleichsanspruch gemäß § 2057a BGB zustehe. Der Beklagte zu 1) bzw. dessen Familie hätten die Erblasserin über 10 Jahre gepflegt, wobei diese Leistung nicht durch ein angemessenes Entgelt ausgeglichen worden sei. Der Höhe nach sei der Ausgleichsanspruch weit oberhalb der seitens des Beklagten zu 1) geforderten 40.000 EUR anzusiedeln, so dass er selbst dann in der geforderten Höhe bestehe, wenn eine Minderung der Erbmasse um 16.000 EUR zu berücksichtigen wäre. Es entspreche auch der Billigkeit, dem Beklagten zu 1) den geltend gemachten Ausgleichsanspruch zuzusprechen, da dieser während eines ganzen Jahrzehnts die zunächst stark erkrankte und später dement werdende Erblasserin unter Dauerstress rund um die Uhr versorgt habe. …

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 23.2.2018, eingegangen bei Gericht am 26.2.2018, eingelegte und mit Schriftsatz vom 28.3.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründete Berufung der Kläger.

Die Kläger tragen vor: Die Feststellungsanträge seien zulässig. Eine Erbschaftsteilungsklage setze die Teilungsreife des Nachlasses voraus. Dies bedinge, dass der zu teilende Nachlass auf der Aktiv- und auf der Passivseite unstreitig feststehen müsse. Sei dies, wie vorliegend, offenkundig nicht der Fall, bedürfe es zur Vorbereitung der Teilungsreife einer entsprechenden Feststellungsklage. Diese sei auch gegenüber der Beklagten zu 2) zulässig. Der Nachlass sei nur dann teilungsreif, wenn dies von allen Erben anerkannt werde oder gegenüber allen Erben, z.B. durch eine Gerichtsentscheidung, verbindlich festgelegt werde. Die Beklagte zu 2) habe mit ihrer Erklärung bezüglich der 10.000 EUR nicht bestätigt, dass dem Beklagten zu 1) der von ihm reklamierte Nachlassanspruch über 40.000 EUR und die Friedhofsu...

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