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Gemäß § 81 S. 1 BGB bedarf das Stiftungsgeschäft unter Lebenden zu seiner Wirksamkeit der Schriftform nach § 126 BGB. Fraglich ist, ob insoweit nicht weitergehende Anforderungen zu stellen sind, wenn sich der Stifter im Stiftungsgeschäft zur Übertragung von Immobilien auf die Stiftung verpflichtet. In der Literatur ist teilweise vertreten worden, dass in diesem Fall § 311b Abs. 1 BGB anwendbar sein soll und das Stiftungsgeschäft daher notariell beurkundet werden muss. Mit dem OLG Köln hat sich erstmals ein Gericht dieser Position angeschlossen. Die Entscheidung sorgt für erhebliche Rechtsunsicherheit und wirft diese eine ganze Reihe von Folgefragen auf. So stellt sich die Frage, welche Folgen eine Nichtbeurkundung des Stiftungsgeschäfts auf die Wirksamkeit der Stiftungserrichtung hat. Der nachfolgende Beitrag will aus praktischer Sicht einen Überblick über die Problematik geben.

I. Der Beschluss des OLG Köln v. 5.8.2019

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt errichtete die Stifterin zu ihren Lebzeiten eine rechtsfähige Stiftung mit Sitz in Berlin. In dem privatschriftlichen Stiftungsgeschäft verpflichtet sich die Stifterin zur Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum in Köln. Nachdem die zuständige Senatsverwaltung die Stiftung anerkannt hatte und diese damit rechtsfähig war, übertrug die Stifterin das Wohnungs- bzw. Teileigentum auf die rechtsfähige Stiftung. Die Auflassung wurde notariell beurkundet und die Eintragung im Grundbuch bewilligt und beantragt. Das Grundbuchamt Köln lehnte die Eintragung im Grundbuch ab, da das Stiftungsgeschäft formunwirksam sei, da das Stiftungsgeschäft bei der Übertragung von Grundbesitz nach § 311b BGB notariell beurkundet werden müsse und setzte der Antragstellerin eine Frist zur Beseitigung des Mangels.[1]

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das OLG Köln die vom Grundbuchamt erlassenen Zwischenverfügungen auf. Diese seien aus grundbuchverfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der Erlass einer Zwischenverfügung des vorliegenden Inhalts unzulässig sei. Obwohl die Beschwerde damit formal erfolgreich war, wies der Senat in seinem Beschluss für das weitere Verfahren darauf hin, dass er in der Sache die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes sehr wohl teile. Eine im Stiftungsgeschäft übernommene Verpflichtung zur Einbringung von Grundeigentum bedürfe nach § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung, weshalb das privatschriftliche Stiftungsgeschäft und die notarielle Beurkundung der Auflassung im konkreten Fall nicht ausreichten.[2] Das OLG Köln stellt sich mit seiner Entscheidung[3] gegen die wohl h. M in der Literatur[4] und wohl auch in der Rechtsprechung.[5]

[1] OLG Köln v. 5.8.2019 – 2 Wx 220/19, 2 Wx 227-229/19, ZEV 2019, 729.
[2] OLG Köln v. 5.8.2019 – 2 Wx 220/19, 2 Wx 227-229/19, ZEV 2019, 729.
[3] Zu dieser Entscheidung; Lange, ZStV 2020, 96; Pruns, ErbR 2020, 163; Schwalm/Thiele, ZEV 2020, 523; Theuffel-Werhahn, SB 2020, 48; Zimmer, ZfIR 2020, 25; Berg, RNotZ 2019, 539; Wachter, BB 2019, 2705.
[4] Weitemeyer, NZG 2020, 569 (574); Münchener KommentarBGB/Weitemeyer, 8. Aufl. 2018, § 81 Rn 8; Richter/Stumpf, Stiftungsrecht, 2019, § 4 Rn 14; Bamberger,/Roth/Backert, BGB, 4. Aufl. 2019, § 81 Rn 2; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Bearb. 2017, § 81 Rn 16; a.A. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 81 Rn 2; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 311b Rn 16; Münchener KommentarBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl. 2019, § 311b Rn 32.

II. Mögliche Formerfordernisse

1. Übertragung von Immobilien

Das OLG Köln verweist zunächst darauf, dass der Umstand, dass § 311b BGB an sich nur für Verträge gelte, einer Anwendung der Norm auf das Stiftungsgeschäft nicht entgegenstehe, obwohl es sich dabei nach ganz h.M. nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitiges Rechtsgeschäft handelt.[6] Es sei allgemein anerkannt, dass die Norm ihrem Schutzzweck nach über ihren Wortlaut hinaus entsprechend auf einseitige Rechtsgeschäfte anzuwenden sei.[7] Dies bedeutet letztendlich aber nur, dass § 311b Abs. 1 BGB über seinen Wortlaut hinaus auch auf einseitige Rechtsgeschäfte angewendet werden kann. Es bedeutet aber nicht, dass § 311b Abs. 1 BGB über seinen Wortlaut hinaus generell auch auf einseitige Rechtsgeschäfte angewandt werden müsste.[8] In jedem Fall stellt sich die Frage, ob der Schutzzweck des § 311b Abs. 1 BGB nicht bereits dadurch erreicht wird, dass die Stiftung im Rahmen ihrer Errichtung ein besonderes verwaltungsrechtliches Verfahren durchlaufen muss.[9]

Das OLG Köln hält dem entgegen, insoweit handele es sich um Verfahren verschiedenen Inhalts. Die Anerkennungsbehörde habe nämlich im öffentlichen Interesse allein die Merkmale des § 80 Abs. 2 S. 1 BGB zu prüfen, wozu die Belange des Stifters selbst nicht gehörten. Diese Belange des Stifters seien gerade auch Grund und Inhalt der notariellen Beratungs- und Belehrungspflicht. Darüber hinaus seien als weitere Zwecke der notariellen Formzwangs im Grundstücksrecht abgesehen von einer Warnfunktion auch Abschluss und Inha...

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