Geht man entgegen der hier vertretenen Meinung mit dem OLG Köln davon aus, dass eine in einem Stiftungsgeschäft enthaltene Verpflichtung zur Übertragung von Grundstücken nach § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, dann stellt sich weiterhin die Frage, ob dasselbe nicht auch für eine Verpflichtung zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen bedarf, die an sich nach § 15 Abs. 4 S. 1 BGB zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedarf. Es stellt sich also die Frage, ob nicht auch § 15 Abs. 4 S. 1 BGB wie § 311b Abs. 1 BGB zu § 81 Abs. 1 S. 1 BGB im Verhältnis der Spezialität steht. Dies ist zwar in Zusammenhang mit der in Rede stehenden Entscheidung des OLG Köln in der Literatur vertreten worden.[35] Die ganz überwiegende Meinung in der Literatur geht jedoch davon aus, dass § 15 Abs. 4 GmbHG nicht auf einseitige Rechtsgeschäfte wie das Stiftungsgeschäft anwendbar ist.[36] Dies gilt auch für Autoren, die eine Anwendbarkeit von § 311b Abs. 1 BGB befürworten.[37]

Nichts anderes folgt aus dem Schutzzweck des § 15 Abs. 4 S. 1 BGB. Dieser besteht allein darin so strukturelle Unterschiede zwischen der GmbH und der AG aufrechtzuerhalten.[38] Anders als § 311b Abs. 1 S. 1 BGB kommt § 15 Abs. 4 S. 1 BGB keine Warnfunktion zu.[39] Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen das Verpflichtungsgeschäft im Vergleich zum Verfügungsgeschäft nur eine untergeordnete Bedeutung hat, da sich aus dem nach § 15 Abs. 3 S. 1 BGB notariell zu beurkundende Übertragungsgeschäft ergibt, wer Inhaber des Geschäftsanteils ergibt, wer Inhaber des Geschäftsanteils und damit Gesellschafter ist. Bei der Errichtung einer Stiftung spielt das Übertragungsgeschäft jedoch keine Rolle, da die Stiftung die ihr versprochenen Geschäftsanteile nach § 82 S. 2 BGB kraft Gesetzes erwirbt.[40]

[35] Wachter, BB 2019, 2705 (2706).
[36] Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 15 Rn 53; Baumbach/Hueck/Servatius, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 15 Rn 35; Habersack/Casper/Löbbe/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 15 Rn 45, 47; Münchener KommentarGmbHG/Reichert/Weller, 3. Aufl. 2018, § 15 Rn 83; Münchener KommentarBGB/Weitemeyer, 8. Aufl., 2018, § 81 Rn 8; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Bearb. 2017, § 81 Rn 16;
[37] Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Schwake, Band 5, 4. Aufl., 2016, § 79 Rn 147.
[38] Münchener KommentarGmbHG/Reichert/Weller, 3. Aufl. 2018, § 15 Rn 79.
[40] Schwalm/Thiele, ZEV 2020, 523 (527).

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