I. Die Beteiligten zu 2. bis 10. sind die Geschwister der Erblasserin bzw. Abkömmlinge vorverstorbener Geschwister. Der Beteiligte zu 1. ist der Patensohn des Ehemannes der Erblasserin; verwandtschaftliche Beziehungen zu der Erblasserin und ihrem 2011 vorverstorbenen Ehemann, die beide kinderlos waren, bestanden nicht.

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten am 22.1.1992 handschriftlich ein gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt verfasst:

Zitat

"Unser Testament"

Wir … setzen uns gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein.

Im Falle eines gemeinsamen Todes setzen wir unser Patenkind C. H. als unseren Alleinerben ein.“

Der Beteiligte zu 1. hat die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als testamentarischen Alleinerben der Erblasserin ausweist, beantragt (Bd. 1 Bl. 8 ff.). Er hat vorgetragen, die Eheleute hätten bei der Errichtung des Testaments den Willen gehabt, ihn unabhängig vom zeitlichen Abstand ihres Ablebens zum Schlusserben des Längstlebenden einzusetzen.

Die Beteiligte zu 2. hat die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt (Bd. 1 Bl. 114 ff.) und geltend gemacht, da die Eheleute im Abstand von vielen Jahren verstorben sind, greife die auf den Fall des gemeinsamen Todes der Eheleute beschränkte testamentarische Erbeinsetzung nicht ein. Eine Schlusserbeneinsetzung enthalte das Testament nicht.

Das Nachlassgericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung zu der Frage, ob nach dem konkreten Willen der Testatoren bei der Abfassung des Testaments der in dem Testament benannte Alleinerbe auch für den Fall des nicht gleichzeitigen (gemeinsamen) Todes der Erblasser als Alleinerbe eingesetzt ist. Auf die Sitzungsniederschrift vom 18.1.2019 wird verwiesen, auch zum Ergebnis der Beweisaufnahme (Bd. 1 Bl. 134 ff. d. A.). Mit Beschl. v. 4.4.2019 hat das Nachlassgericht die zur Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1. für festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen. Dazu hat es im Ergebnis ausgeführt, die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass die Eheleute davon ausgegangen sind, mit dem Testament eine Regelung getroffen zu haben, nach der der Beteiligte zu 1. nach dem Tod des Letztversterbenden dessen Erbe werde. Dieser Wille sei auch formwirksam niedergelegt, da er im Testament angedeutet sei. Auf die Beschlussgründe wird verwiesen.

Gegen diesen Beschluss, insbesondere die dortige Beweiswürdigung, wenden sich die Beteiligten zu 2. bis 6. mit ihrer Beschwerde. Sie machen geltend, die Aussagen der Zeugen seien zum Teil abgesprochen und verleumderisch gewesen. Den als Zeugen vernommenen P. M. bezeichnen sie als Choleriker und eigennützig, seine Aussage sei nur durch seine Geld- und Habgier zu erklären. Die Aussagen der Zeugen B. seien davon geleitet, die Interessen des Beteiligten zu 1. zu stützen. Die Angaben der Zeuginnen F. und S. seien nicht glaubhaft. Die Aussage der Zeugin F. zeige im Übrigen ein getrübtes Verhältnis der Erblasserin und des Beteiligten zu 1. und stütze damit ihre Beschwerde. Die Beteiligte zu 2. macht ergänzend geltend, die Angaben der Zeugen seien nicht geeignet, den Willen beider Testatoren zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu erforschen. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass eine uneingeschränkte Erbeinsetzung wegen eines Verstoßes gegen das Formerfordernis des § 2247 BGB unwirksam sei, weil ein entsprechender Wille auch nicht andeutungsweise zum Ausdruck komme.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II. 1. Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 6. ist unbegründet.

Das Nachlassgericht hat zu Recht die zur Erteilung des vom Beteiligten zu 1. beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt und den Antrag der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1. ist kraft letztwilliger Verfügung vom 22.1.1992 Alleinerbe nach der Erblasserin geworden. Die Erblasserin und ihr Ehemann haben den Beteiligten zu 1. in ihrem Testament zu ihrem alleinigen Schlusserben bestimmt, der nach dem Tod des letztversterbenden Ehepartners dessen Erbe ist. Das ist in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute zwar nicht ausdrücklich festgelegt, aber als Ergebnis der Auslegung des Testaments, die das Nachlassgericht zutreffend vorgenommen hat, als Wille der Erblasserin festzustellen (dazu unter a.). Dieser Wille der Erblasserin ist auch in der gemäß § 2247 BGB geltenden Form für privatschriftliche Testamente erklärt (dazu unter b).

a) Bei der Auslegung eines Testaments ist gemäß den §§ 133, 2084 BGB der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Dabei darf sich der Tatrichter nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränken, sondern muss auch alle ihm zugänglichen Umstände außerhalb des Testaments auswerten, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens beitragen können. Es geht insoweit um die Klärung der Fr...

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