Einführung

Nachfolgend gibt der Verfasser einen Überblick über die Rechtslage zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in den Ländern Österreich, Schweiz und Frankreich.

I. Einführung

Nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland ist in den vergangenen Jahren die Bedeutung von Vorsorgeverfügungen erkannt worden. Hierzu gehört vor allem die Regelung der Fürsorge im Krankheitsfall durch eine Vorsorgevollmacht, in der der Erwachsene bereits vor Eintreten des Fürsorgefalls Person und Aufgabenkreis des Bevollmächtigten bestimmt und somit im Idealfall die Anordnung staatlicher Maßnahmen überflüssig macht. Die Öffnung der Grenzen und die Mobilität der Menschen führt dazu, dass auch wir Deutsche immer mehr Reisen oder Wohnsitzverlegungen ins benachbarte Ausland vornehmen. Wird dort jemand aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls handlungs- oder geschäftsunfähig, so kann sich ein Bedürfnis nach einer betreuungsrechtlichen Entscheidung im Ausland ergeben. Allerdings sind die Rechtsinstitute der Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in Europa nicht einheitlich geregelt.

Mit einer Vereinheitlichung des europäischen Rechtszustandes beschäftigt sich das Haager Übereinkommen zum internationalen Schutz Erwachsener vom 13.1.2000, dem Deutschland am 3.4.2007 beigetreten ist (ErwSÜ).[1] Zuvor ist die Übereinkunft bereits vom Vereinigten Königreich, beschränkt auf Schottland, ratifiziert worden. Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde folgt (Artikel 57 Abs. 1 ErwSÜ). Von diesem Tag an wird die Übereinkunft auch für Deutschland gelten. Von Interesse ist dies deshalb, da sich das ErwSÜ als erstes internationales Abkommen überhaupt mit der grenzüberschreitenden Behandlung von Vorsorgevollmachten auseinandersetzt. Artikel 15 Abs. 1 ErwSÜ legt fest, dass sich das Bestehen, der Umfang, die Änderung und die Beendigung einer Vorsorgevollmacht vorrangig nach dem Recht des Staates bestimmt, das der Betroffene schriftlich gewählt hat, in Ermangelung einer Rechtswahl nach dem Recht des Staates, in dem der Betroffene zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Diese Rechtswahl unterliegt nach Artikel 15 Abs. 2 ErwSÜ jedoch gewissen Einschränkungen. So kann der Betroffene nur sein Heimatrecht, das Recht eines früheren Aufenthaltsstaates oder das Recht eines Staates wählen, in dem sich Vermögen des Betroffenen befindet. Andere Rechtswahlen sind nicht möglich und führen zur Anwendung des Artikels 15 Abs. 1 ErwSÜ. Wenn ein Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt, sollte er – je nach materieller Rechtslage und der Anwendbarkeit des Haager Übereinkommens zum internationalen Schutz Erwachsener in diesem Land – schon jetzt seine Vorsorgevollmacht um die Klausel ergänzen, dass er die Anwendung deutschen Rechts für das Bestehen, den Umfang, die Änderung und die Beendigung der Vollmacht wählt.

Artikel 15 Abs. 3 ErwSÜ regelt die Art und Weise der Ausübung einer Vorsorgevollmacht. Er bestimmt, dass die Art und Weise der Ausübung dieser Vertretungsmacht vom Recht des Staates bestimmt wird, in dem sie ausgeübt wird. Dies bedeutet, dass die beispielsweise deutschem Recht unterliegende Vorsorgevollmacht in einem anderen Staat nur unter Beachtung der dort geltenden zwingenden Beschränkungen ausgeübt werden darf, im umgekehrten Fall bei Vorliegen einer ausländischen Vorsorgevollmacht in Deutschland die Genehmigungserfordernisse der §§ 1904 Abs. 2 Satz 1 und 1906 Abs. 5 Satz 2 BGB zu beachten sind.

Nachdem das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz Erwachsener bisher erst von zwei Staaten ratifiziert wurde, weicht der Rechtszustand in den einzelnen europäischen Staaten derzeit inhaltlich gravierend voneinander ab.

[1] www.bundestag.de in BT-Drucks. 16/3250 S. 7 ff.

II. Österreich

1. Vorsorgevollmacht

In Österreich ist zum 1.7.2007 das sogenannte Sachwalterrechtsänderungsgesetz 2006 in Kraft getreten.[2] Ziel des neuen Gesetzes ist u. a. die stärkere Betonung des Grundsatzes der Subsidiarität der Sachwalterschaft. Ebenso wie in Deutschland (§ 1986 Abs. 2 Satz 2 BGB) darf gemäß § 268 Abs. 2 ABGB ein Sachwalter nicht bestellt werden, soweit durch eine Vollmacht, besonders eine Vorsorgevollmacht oder eine verbindliche Patientenverfügung, für die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person in erforderlichem Ausmaß gesorgt ist. Demnach hat jedermann die Möglichkeit, für den Fall, dass er in Zukunft bestimmte Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln kann, einer Person, zu der er besonderes Vertrauen hat, vorsorglich eine Vollmacht zu erteilen (§§ 284 f ff ABGB).

Der oder die Bevollmächtigte darf allerdings nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, in der sich der Vollmachtgeber oder die Vollmachtgeberin aufhält oder von der dieser oder diese betreut wird (§ 284 f Abs. 1 Satz 3 ABGB). Inhalt und Umfang de...

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