Die Entscheidung des OLG Karlsruhe, die auch im Anwendungsbereich von § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO nicht anders hätte ausfallen können, veranschaulicht die hohen Hürden für einen Anspruch des in einem formunwirksamen notariellen Testament Begünstigten gegen den beurkundenden Notar aus Notarhaftung. Ihr kann weitestgehend – kommentarlos – zugestimmt werden.

Soweit das Oberlandesgericht indes im Anschluss an die Kommentierungen von Heinemann (in: Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 2. Aufl. 2015, § 24 Rn 14) und Litzenburger (in: BeckOK-BeurkG, 49. Edition, Stand 1.2.2019, § 24 Rn 5) die Ansicht vertritt, die Wirksamkeit einer Beurkundung sei nicht berührt, wenn später festgestellt werde, dass sich die nach § 24 Abs. 1 S. 2 BeurkG zugezogene Person objektiv nicht mit dem Erblasser verständigen konnte, muss dieser Ansicht aber entschieden widersprochen werden.

Ausgangspunkt ist die Frage, ob ein auf solche Weise beurkundetes Testament nach § 125 S. 1 BGB formnichtig ist, wobei maßgebliche Formvorschrift § 2231 Nr. 1 BGB i.V.m. § 2232 BGB ist. Ein schreib- und zugleich hör- oder sprachunfähiger Erblasser kann ein formwirksames Testament ausschließlich durch Erklärung zur Niederschrift des Notars (§ 2232 S. 1 Var. 1 BGB), mithin in notariell beurkundeter Form errichten. Für die Frage, ob die Form der notariellen Beurkundung gewahrt ist, sind die Vorschriften des BeurkG maßgeblich. Dabei ist gesetzgeberisch intendiert (BT-Drucks V/3282 S. 24) und auch allgemein anerkannt, dass (nur) ein Verstoß gegen Muss-Vorschriften des BeurkG die Unwirksamkeit der Beurkundung mit der Folge der Formnichtigkeit gem. § 125 S. 1 BGB nach sich zieht, während (nur) die Verletzung bloßer Soll-Vorschriften die Wirksamkeit der Beurkundung und damit die Formwirksamkeit unbeeinträchtigt lässt (BGH DNotZ 2019, 830, 834 zu Soll-Vorschriften; BayObLGZ 1992, 220, 222; Staudinger/Hertel, Neub. 2017, BeurkG, Rn 664; Seebach/Rachlitz, in: BeckOGK, Stand 1.7.2019, BeurkG, § 13 Rn 10, 13; s.a. in: BeckOK-BeurkG/Litzenburger, 52. Ed., § 24 Rn 8).

Vor diesem Hintergrund muss der Standpunkt des OLG Karlsruhe zu § 24 Abs. 1 S. 2 BeurkG, der für den im Streitfall vorliegenden Fall einer Feststellung in der Niederschrift nach § 24 Abs. 1 S. 1 BeurkG zweifellos eine Muss-Vorschrift enthält, aufmerken und nach einer Begründung für die vom Senat vertretene Auffassung suchen lassen, die sich aber weder in der Entscheidung selbst, noch in den beiden vom Senat zitierten Kommentarfundstellen findet. Die Kommentarfundstellen zitieren sich, nachdem sich der BeckOK (etwa im Jahr 2012/2013) der Kommentierung bei Grziwotz/Heinemann angeschlossen hat, lediglich wechselseitig ohne Nennung einer inhaltlichen Begründung.

Die weitere Kommentarliteratur zu § 24 BeurkG befasst sich, soweit ersichtlich, nicht explizit mit der Frage, welche Folgen es hat, wenn zwar eine Person zum Zweck der Verständigung mit dem behinderten Beteiligten zur Beurkundung zugezogen wurde, diese Person sich aber tatsächlich (objektiv) nicht mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermochte. In der weiteren Kommentarliteratur wird lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass im Falle einer Feststellung in der Niederschrift nach § 24 Abs. 1 S. 1 BeurkG die Zuziehung nach § 24 Abs. 1 S. 2 BeurkG zwingend erfolgen müsse und die Beurkundung unwirksam sei, wenn "keine Verständigungsperson" zugezogen werde (so: Seger, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 7. Aufl. 2015, § 24 Rn 12; Schuller, in: BeckOGK, BeurkG, Stand 15.11.2019, § 24 Rn 33; ähnlich: Winkler, BeurkG, 18. Aufl. 2017, § 24 Rn 20; Staudinger/Hertel, Neub. 2017, BeurkG, Rn 559) bzw. wenn keine Person zugezogen werde, die sich mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermag (Baumann, in: Eylmann/Vaasen, BeurkG, 4. Aufl. 2016, § 24 Rn 12; Lerch, BeurkG, 5. Aufl. 2016, § 24 Rn 6).

In der Sache kann der Ansicht von Heinemann (in: Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 2. Aufl. 2015, § 24 Rn 14) und Litzenburger (in: BeckOK-BeurkG, 52. Ed., § 24 Rn 5) nicht gefolgt werden. Eine Beurkundung, bei der im gegebenen Fall nach § 24 Abs. 1 S. 2 BeurkG eine Verständigungsperson zugezogen werden muss, ist vielmehr dann, wenn sich die zugezogene Person objektiv nicht mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermag (und sich dies auch erst später herausstellt), unwirksam mit der Folge, dass dies die Formnichtigkeit eines auf diese Weise beurkundeten öffentlichen Testaments gem. §§ 125 S. 1, 2231 Nr. 1, 2232 Var. 1 BGB nach sich zieht.

§ 24 Abs. 1 S. 2 BeurkG enthält – für den Fall einer Feststellung nach § 24 Abs. 1 S. 1 BeurkG in der Niederschrift – die zwingende Vorgabe, dass zur Beurkundung eine Person hinzugezogen werden "muss", "die sich mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermag". Der Wortlaut formuliert insoweit das objektive Erfordernis einer tatsächlich vorhandenen Verständigungsmöglichkeit zwischen dem behinderten Beteiligten und der zugezogenen Person. Dass es sich um ein objektives Erfordernis handelt, folgt zudem aus dem Gegenschluss zu der...

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