1. Die Beschwerde der Annehmenden ist statthaft gemäß § 58 Abs. 1 FamFG. Sie ist auch im Übrigen in zulässiger Weise, insbesondere formund fristgerecht (§§ 63, 64 FamFG) eingelegt.

2. Die Beschwerde ist begründet.

a) Gemäß § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Besteht zwischen Annehmendem und Anzunehmendem bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis, so ist unwiderleglich vom Vorliegen sittlicher Rechtfertigung auszugehen und durch Ausspruch der Annahme das bislang nur faktische Eltern-Kind-Verhältnis rechtlich zu flankieren. Dabei ist es unerheblich, aus welchen Motiven die Beteiligten diese rechtliche Flankierung anstreben; in diesem Fall des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses dürfen auch rein wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen (BeckOGK/Löhnig BGB, Stand: 15.12.2018, § 1767 Rn 10; MüKoBGB/Maurer BGB, 7. Aufl. 2017, § 1767 Rn 25; Saar in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1767 BGB, Rn 7; Staudinger/Rainer Frank (2007) BGB § 1767, Rn 20; OLG Schleswig, BeckRS 2009, 86165).

Sittlich gerechtfertigt ist die Annahme gemäß § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB iVm § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann, wenn zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird. Die Motivation muss in diesem Fall vorrangig familienbezogen sein, während wirtschaftliche Motive keine prägende Rolle spielen dürfen (BeckOGK/Löhnig BGB § 1767 Rn 18; MüKoBGB/Maurer BGB, 7. Aufl. 2017, § 1767 Rn 26).

b) Ein Eltern-Kind-Verhältnis ist entstanden, wenn zwischen Annehmendem und Anzunehmendem eine dauerhafte seelisch-geistige Bindung im Sinne einer natürlichen Eltern- Kind-Beziehung besteht. Alle für und gegen die Annahme einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände sind in eine Einzelfallbetrachtung einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen. Die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände müssen die dagegen sprechenden deutlich überwiegen. Begründete Zweifel gehen zu Lasten der Betroffenen und führen zur Abweisung des Adoptionsantrags (MüKoBGB/Maurer, 7. Aufl. 2017, BGB, § 1767 Rn 21; BeckOK BGB/Pöcker, 48. Ed. 1.11.2018, BGB § 1767 Rn 9).

Von einem Eltern-Kind-Verhältnis kann ausgegangen werden, wenn die zwischen den Beteiligten entstandene Beziehung dem Verhältnis zwischen volljährigen Kindern und ihren leiblichen Eltern entspricht. Dieses Verhältnis ist naturgemäß anders geartet als bei minderjährigen Kindern, deren Beziehung zu ihren Eltern vorwiegend durch Betreuung, Schutz und Erziehung des Kindes geprägt ist. Für die Annahme einer Eltern-Kind- Beziehung sind Gemeinsamkeiten, familiäre Bindungen und innere Zuwendung erforderlich, wie sie zwischen Eltern und erwachsenen Kindern typischerweise vorliegen, insbesondere ein enger persönlicher Kontakt und die Bereitschaft zu dauerhaftem gegenseitigem Beistand, ggfs. in Verbindung mit wirtschaftlicher Hilfe. Es muss sich um ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten handeln, dass sich die Beziehung klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abhebt und in die Nähe einer echten, gelebten Beziehung zwischen einem Elternteil und dessen erwachsenem Kind rückt. Anhaltspunkte sind insoweit auch eine Integration in das familiäre Beziehungsgeflecht, ein gewachsenes, gegenseitiges Grundvertrauen, in dem sich die Beteiligten wechselseitig aussprechen oder in die Entscheidungsfindung in wichtigen Angelegenheiten in angemessener Weise einbeziehen (OLG Braunschweig, FamRZ 2017, 1240; KG FamRZ 2014, 225; MüKoBGB/Maurer, 7. Aufl. 2017, BGB § 1767 Rn 19).

Es ist keine häusliche Gemeinschaft erforderlich, da eine solche auch bei natürlichen Eltern-Kind-Verhältnissen nach Erreichen der Volljährigkeit mit zunehmendem Alter der Kinder in der Regel nicht mehr vorliegt (BeckOGK/Löhnig BGB § 1767 Rn 15).

c) aa) Gemessen an den vorstehenden Kriterien hat der Senat keinen Zweifel daran, dass zwischen der Annehmenden und der Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Dies ergibt sich aus den schriftlichen und bei ihrer Anhörung geäußerten Angaben der Annehmenden und der Anzunehmenden, von denen auszugehen ist, nachdem Zweifel an der Richtigkeit der Erklärungen nicht erkennbar sind. Zwischen der Annehmenden und der Anzunehmenden besteht ein enges Verhältnis bereits seit der Kindheit der Anzunehmenden. Indem die Annehmende die Anzunehmende bei den Hausaufgaben oder später bei Arbeiten für das Studium intensiv unterstützt hat, hat sie in diesem Bereich Aufgaben übernommen, die typischerweise in einem Eltern-Kind-Verhältnis anfallen.

Die Annehmende hat der Anzunehmenden in mehreren schweren persönlichen Situationen intensiv Beistand geleistet, als dies den Eltern der Annehmenden in dieser Form nicht möglich war. Dies betrifft die Zeit nach dem Tod der Großmutter der Anzunehmenden, die Verarbeitun...

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