João Nuno Pereira/Dr. Jochen Zenthöfer

C.H. Beck, 2017, 1. Auflage; 223+XX Seiten, JuS-Schriftenreihe Band 202; 49,80 EUR

ISBN 978-3-406-69539-1

Es gibt viele Gründe, das Erscheinen dieses Buches zu loben. Der wohl wichtigste Aspekt ist, dass bislang kein systematischer Überblick zum luxemburgischen Recht in deutscher Sprache erhältlich war. Die JuS-Schriftenreihe, die bereits viele Übersichtsdarstellungen zu ausländischen Rechtsordnungen verzeichnet, wird somit um ein weiteres Landesrecht erweitert, welches historisch bedingt bis heute von der französischen Rechtstradition und Rechtssprache geprägt ist. Allerdings kann auch die deutsche Sprache in Justiz und Verwaltung verwendet werden und nicht zuletzt haben gerade viele germanophone Bürger, Arbeitnehmer sowie Unternehmer ein Interesse, zum luxemburgischen Recht in deutscher Sprache Zugang zu erhalten. Die Autoren Pereira und Zenthöfer, der eine Rechtsanwalt, der andere Wirtschaftspublizist in Luxemburg, stellen in der Einführung die besondere Gemengelage des luxemburgischen Rechts dar, ohne die damit verbundenen Mängel zu verschweigen. Im Kapitel "Sprache, Rechtsquellen, Rechtsetzung" sparen sie Rechtsgeschichte und -sprache nicht aus, beleuchten die Rechtsquellen, ehe sie zum Rechtsetzungsprozess und den Quellen informieren.

Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit Juristenausbildung, Gerichtsverfassung und Rechtswissenschaft. Besonders betont wird die Mediation als Form der außergerichtlichen Streitbeilegung; hierzu existiert das von der luxemburgischen Chambre de commerce eingerichtete und wegen seiner Praxiswichtigkeit erwähnenswerte Centre de médiation civile et commerciale. Der Rezensent hat sich selbst eingehend mit "Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums" und der damit verbundenen Wirtschaftsmediation in Luxemburg und Deutschland beschäftigt. Das Buch (Nomos: Baden-Baden 2015) ist entstanden im Rahmen seines Forschungsbereichs zum Geistigen Eigentum: Grundlagen und Anwendungen, der an der Hochschule der luxemburgischen Wirtschaft, dem Institut Supérieur de l’Economie (kurz ISEC Université), beheimatet ist. Als von der Chambre de commerce und der Chambre des métiers getragener Ausbildungs- und Forschungsstandort in Luxemburg und eine der größten privaten Universitäten im Großherzogtum hätte ISEC neben sicherlich weiteren Hochschulen erwähnt werden müssen (in Ergänzung zu den S. 38–40).

Von hohem Interesse sind unterdessen die Kapitel zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht, dem Datenschutzrecht ist sogar ein eigener § 6 gewidmet. Zwar ist dieser Bereich wegen des Europarechts nicht "spezifisch luxemburgisch", doch nutzen ihn die Verfasser geschickt, hier einige "Affären" wie Médicoleak, Geheimdienst oder auch Amazon zu präsentieren. Straf- und Strafverfahrensrecht nehmen leider, obwohl praxisnah, kaum 15 Seiten ein. Die relevanten Teile des Code civil werden dem Leser sodann anschaulich nahegebracht und nach Vertrags-, Delikts-, Sachen- sowie Familien- und Erbrecht aufgefaltet. In beiden letzten Gebieten hätten Unterschiede zum deutschen Recht gut herausstechen können; nehmen wir hier nur beispielgebend die Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sowie die Testamentserrichtung.

Das Großherzogtum kennt kein privatrechtliches Vorsorgeinstrument, das mit der deutschen Vorsorgevollmacht gleichzusetzen ist. Für die Einrichtung gesetzlicher Betreuungen zuständig zeichnen in Luxemburg die Vormundschaftsgerichte, die eine Betreuung als gesetzliche Stellvertretung beschließen. Was heißt dies? Der Richter ernennt einen Betreuer, der für alle in Frage kommenden Angelegenheiten eingesetzt wird und dessen Kontrolle wiederum durch das Vormundschaftsgericht garantiert wird. Diesem Gericht ist der Betreuer jährlich zur Rechnungslegung verpflichtet.

Die Patientenverfügung ist in Luxemburg ausführlich geregelt und unterscheidet sich durch die Möglichkeit der Sterbehilfe bzw. des assistierten Suizids erheblich von der Rechtslage in Deutschland – dies sieht ein Gesetz vor, das bereits seit März 2009 in Luxemburg gilt.[1] Besondere Formerfordernisse gelten gerade dann, wenn in der Patientenverfügung (auch) Bestimmungen zum Lebensende enthalten sind – das Gesetz spricht hier von Euthanasie, also Sterbehilfe. Die Verfügung dazu muss ebenfalls schriftlich abgefasst sein und von dem Betroffenen datiert und unterschrieben sein. Wenn der Betroffene dauerhaft aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht zur eigenen Abfassung und Unterzeichnung in der Lage ist, kann die Verfügung von einem Dritten (Vertrauensperson) geschrieben werden. Erforderlich dafür sind zwei Zeugen. Des Weiteren muss in der Verfügung eine Begründung angegeben werden, warum der Betroffene nicht selbst dazu in der Lage ist, diese zu verfassen. Weiterhin ist in einem solchen Fall ein ärztliches Attest erforderlich, mit welchem die dauerhafte Unfähigkeit des Betroffenen, die Verfügung selbst zu schreiben und zu unterzeichnen, bestätigt wird. Die Registrierung der Verfügung mit Bestimmun...

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