I. Es liegen zwei selbständige Beschwerdeverfahren vor, da sich sowohl der Beteiligte zu 12 als auch die Beteiligte zu 11 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts wenden (vgl. OLG Köln BeckRS 2018, 28413 Tz 8). Diese hat der Senat zur gemeinsamen Entscheidung zusammengefasst.

II. 1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 12 (= 31 Wx 5/19) ist unzulässig, da sie nicht fristgemäß im Sinne des § 63 Abs. 1 FamFG binnen einem Monat nach Zustellung des Beschlusses des Nachlassgerichts eingelegt wurde. Die Zustellung des Beschlusses des Nachlassgerichts vom 9.2.2017 erfolgte am 18.2.2017; die Beschwerde des Beteiligten zu 12 ist am 2.5.2017 beim Nachlassgericht eingegangen und somit verfristet.

2. Der Schriftsatz vom 6.3.2017 ist als Beschwerde der Beteiligten zu 11 (= 31 Wx 216/17) gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 9.2.2017 auszulegen, da sie sich darin dagegen wendet, nach der Ausschlagung ihres Vaters nicht als Erbin in dem Erbscheinsantrag berücksichtigt worden zu sein. Die Beschwerde der Beteiligten zu 11 ist wirksam erhoben. Sie behauptet, Erbin nach dem Erblasser aufgrund des Testaments vom 31.8.2018 geworden zu sein, nachdem ihr Vater das Erbe ausgeschlagen hat. Dies stellt eine sog. doppelrelevante Tatsache dar (vgl. dazu Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Auflage <2017> § 59 Rn 20, 21), die für das Vorliegen der materiellen Beschwer im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG ausreichend ist. Sie ist fristgemäß im Sinne des § 65 Abs. 1 FamFG erhoben worden, da sie beim Nachlassgericht am 6.3.2017 eingegangen ist. Der Umstand, dass ihr der Beschluss nicht bekanntgemacht worden ist, ist daher unmaßgeblich.

III. Die von der Beteiligten zu 11 eingelegte Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg, da das Nachlassgericht in seinem Beschluss vom 9.2.2017 zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Ausschlagung des Erbes durch den Beteiligten zu 12 zu einer Erbquote der Miterben iHv 1/10 führt. Insoweit hat es nicht berücksichtigt, dass die Beteiligte zu 11 als Abkömmling des Beteiligten zu 12 an dessen Stelle getreten ist.

1. Der Senat teilt die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die Anfechtung des Beteiligten zu 12 betreffend seine Ausschlagung des Erbes nicht durchgreift.

a) Es kann dahinstehen, ob der von ihm angebrachte Anfechtungsgrund den Beteiligten zu 12 tatsächlich zu seiner Ausschlagung bewogen hat. Denn in seiner Anfechtungserklärung werden als Grund hierfür "persönliche Gründe" angegeben; die Anfechtung der Ausschlagung wird hingegen darauf gestützt, dass er irrtümlich davon ausgegangen sei, dass die Veräußerungsbeschränkung für 10 Jahre bezüglich der vermieteten Nachlassimmobilie bindend sei und er erst im Nachgang am 21.11.2017 erfahren habe, dass bei Einigkeit der Erbengemeinschaft der Grundbesitz dennoch veräußert werden könne.

b) Die Anfechtung der Ausschlagung der Erbschaft durch den Beteiligten zu 12 greift aber deswegen nicht durch, da der hier allein in Frage kommende Anfechtungsgrund des Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB nicht gegeben ist.

aa) Eigenschaften einer Person oder Sache im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB sind neben den auf der natürlichen Beschaffenheit beruhenden Merkmalen auch tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse und Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsauffassung für die Wertschätzung oder Verwendbarkeit von Bedeutung sind (Palandt/Ellenberger BGB 78. Auflage <2019> § 119 Rn 24). Dies erfordert eine hinreichend enge Beziehung zur Sache, die z. B. dann nicht gegeben ist, wenn der Irrtum sich auf die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit einer Sache bezieht (NK-BGB/Feuerborn 3. Auflage <2016> § 119 Rn 74). In Bezug auf einen Nachlass stellt der Irrtum über eine Überschuldung wie über die Zusammensetzung des Nachlasses sowie des Bestehens von Beschränkungen des Nachlasses wie z. B. Vermächtnisse und Auflagen eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses dar.

bb) Der angebrachte Vortrag des Beteiligten zu 12 belegt jedoch nicht einen solchen Irrtum. Gemäß seines Vorbringens in der Anfechtungserklärung vom 2.12.2016 betrifft dieser den Umstand, dass er davon ausgegangen sei, dass das im Nachlass befindliche Grundstück infolge der von dem Erblasser angeordneten Auflage nicht veräußert werden kann. Erst durch das Telefonat mit seiner Schwester habe er erfahren, dass bei einer Einigkeit aller Erben das Grundstück trotz der Auflage veräußert werden kann. Insofern bezieht sich die Fehlvorstellung des Beteiligten zu 12 nicht auf das Vorhandensein einer Beschränkung in Form einer Auflage, sondern darauf, ob der von der Auflage betroffene Nachlassgegenstand veräußert werden kann, also auf dessen Verwertungsmöglichkeit. Gegenstand seiner Fehlvorstellung ist demgemäß eine Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Abwicklung bzw. Auseinandersetzung des Nachlasses. Dies stellt sich – wie das Nachlassgericht zutreffend herausgestellt hat – als Irrtum über einen Beweggrund zur Abgabe der Ausschlagungserklärung dar, der als Motivirrtum ...

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