"Omas Häuschen bleibt steuerfrei", so oder ähnlich haben wir alle im Vorfeld der Erbschaftsteuerreform der Presse entnehmen können. Das mag aus Sicht der Enkelkinder für ein normales Häuschen auch gelten. Aber was ist, wenn Oma ihr Häuschen gar nicht an die Enkelkinder verschenken oder vererben will, sondern ihr entfernt verwandte Menschen oder gar nicht verwandte Personen viel mehr am Herzen liegen? Und was ist überhaupt in den Fällen, in denen man nicht von Oma oder Opa sondern von anderen, vielleicht sogar nur entfernt verwandten oder gar nicht verwandten Personen ein Haus geschenkt bekommen oder erben soll? Mit welchem Wert schlägt die Immobilie dann zu Buche und ich welcher Höhe fällt dann Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer an? Steht man vor diesen Fragen, ist auf jeden Fall guter Rat gefragt.

Deshalb wird der Steuerberater gelegentlich vor die Frage gestellt werden, ob es denn günstiger sei, ein Haus schon zu Lebzeiten zu verschenken oder es zu behalten und später zu vererben.

Es kann natürlich sinnvoll sein, sich bereits zu Lebzeiten von (einem Teil) des Vermögens zu trennen, um die jeweils für einen 10-Jahres-Zeitraum geltenden Freibeträge des § 16 ErbStG möglichst oft und optimal zu nutzen, aber niemand wird und sollte sein Vermögen nur deshalb verschenken, um Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer zu sparen. Dieser Beitrag soll sich auch nicht wie einige andere Fachbeiträge in einer Reihe oder Kette von Schenkungen verstricken, sondern die Tücken bei der Ermittlung des Grundstückswerts aufzeigen, Lösungsmöglichkeiten vorschlagen und die unterschiedliche Berechnung der Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer an einem auf den ersten Blick ganz einfach erscheinenden Fall gegenüberstellen.

Während zu den mehr oder weniger guten alten Zeiten, als noch der Einheitswert bzw. 140 % davon als Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer herangezogen wurden, diese Frage relativ schnell und einfach beantwortet werden konnte (die Höhe des Einheitswerts war ja in den allermeisten Fällen bekannt), wurde die Beantwortung mit der Einführung der Grundbesitzwerte schwieriger, denn bei den Grundbesitzwerten handelt es sich anders als bei den Einheitswerten nicht mehr um Vorratswerte, sondern diese Werte müssen jetzt erst bei Bedarf von den Lagefinanzämtern festgestellt werden. Dieser Bedarf ist aber nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige eine "Was wäre wenn"-Berechnung durchführen lassen möchte, sondern nur dann, wenn ein tatsächlich zu besteuernder Vorgang vorliegt.

Aus diesem Grund musste und muss ein guter Berater in der Lage sein, für "Probezwecke" einen Grundbesitzwert zu berechnen, um diesen dann als Bemessungsgrundlage für die mögliche Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer zugrunde zu legen. Während diese Berechnung schon in der Vergangenheit nicht ganz einfach war, ist sie seit der Einführung des

  • Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) vom 24.12.2008[1]
  • vom 30.3.2009 (Feststellung von Grundbesitzwerten, von Anteilswerten und von Betriebsvermögenswerten)[2]
  • vom 5.5.2009 (Bewertung des Grundvermögens nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes)[3]
  • vom 25.6.2009 (Anwendung der geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)[4]

Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22.12.2009[5]

erheblich schwieriger und aufwendiger geworden. Daran haben auch die in der Zwischenzeit ergangenen gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts,

und

sowie

nichts geändert. Schließlich haben sich auch durch Art. 6 des

für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und Berechnung der Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer für den vorliegenden Fall keine Änderungen ergeben.

Dieser Aufsatz soll anhand des folgenden konkreten Beispiels aufzeigen, welche Schwierigkeiten sich auch über ein Jahr nach Verabschiedung des ErbStRG und trotz oder wegen der vorstehend genannten Erlasse in der Praxis ergeben können. Das zeigt sich schon daran, welche umfangreichen Angaben der Berater von seinem Mandanten benötigt. Reichten bislang die Mieten (die dem Berater schon aus der Einkommensteuererklärung bekannt waren) aus, muss der Berater jetzt detaillierte Informationen über das zu bewertende Objekt vom Mandanten einholen, sich den Bodenrichtwert aus einer Bodenrichtwertkarte besorgen, sich mit dem Grundstücksmarktbericht des örtlich zuständigen Gutachterausschusses auseinandersetzen und klären, ob es ein Vergleichsgrundstück gibt, und eigentlich sogar den aktuellen Bebauungsplan für das zu bewertende Grundstück kennen.

Im folgenden Beispiel habe ich es leicht gemacht und viele dieser einzuholenden Informationen bereits vorgegeben:

 

Bewertung eines selbst genutzten Reiheneinfamilienhauses auf den 24.12.2009

Lage: Reihenendhaus mit Keller und nicht ausgebautem Dachgeschoss in "Nordstadt"[6] in einem fö...

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