Leitsatz

Bei einer postmortalen Vaterschaftsfeststellung verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch, der einem pflichtteilsberechtigten Abkömmling gemäß § 2329 BGB gegen den Beschenkten zusteht, nach § 2332 Abs. 2 BGB a.F. in drei Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an.

BGH, Urt. v. 13.11.2019 – IV ZR 317/17

1 Tatbestand

Der im Jahr 1964 geborene Kläger nimmt die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft, Wertermittlung und Duldung der Zwangsvollstreckung wegen ergänzungspflichtiger Schenkungen nach dem am 5.7.2007 verstorbenen und von den Parteien gesetzlich beerbten Erblasser in Anspruch.

Die Mutter des Klägers war zum Zeitpunkt seiner Geburt in erster Ehe verheiratet. Nach Scheidung dieser Ehe heiratete sie den Erblasser, aus dessen erster Ehe die beiden Beklagten hervorgegangen waren. Auch diese zweite Ehe wurde durch Scheidung aufgelöst.

In den Jahren 1995 und 2002 übertrug der Erblasser den Beklagten mehrere Grundstücke schenkungsweise unter Nießbrauchvorbehalt.

Auf den Vaterschaftsanfechtungsantrag des Klägers vom 29.3.2012 und seinen weiteren Feststellungsantrag wurde mit Beschl. v. 18.2.2015 festgestellt, dass Vater des Klägers nicht der bereits im Jahre 2001 verstorbene erste Ehemann seiner Mutter, sondern der Erblasser war. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses forderte der Kläger die Beklagten unter anderem zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses auf. Die Beklagten überließen ihm ein Verzeichnis, das einen negativen Nettonachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls auswies. Sie erheben im Übrigen die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die im November 2015 erhobene Stufenklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

2 Gründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil unter anderem in ZEV 2018, 143 veröffentlicht ist, waren Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers aus § 2329 BGB bereits bei Eingang der Klageschrift verjährt. Daher seien auch die mit der Stufenklage vorbereitend geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung aus § 242 BGB nicht begründet.

Nach dem Wortlaut des maßgeblichen § 2332 Abs. 2 BGB a.F. habe die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Tod des Erblassers begonnen und sei daher bereits am 5.7.2010 abgelaufen. Von dieser Verjährungsregelung sei nicht aufgrund der sogenannten Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB abzuweichen. Diese führe nicht dazu, dass der Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht zeitlich bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers hinauszuschieben sei. Auf das Entstehen des Anspruchs stelle § 2332 BGB nach seinem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist nicht ab, sondern allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls. Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB auf andere als die dort geregelten Fälle scheide aus. Es liege kein Fall der höheren Gewalt des § 206 BGB vor. Diese Vorschrift solle keine Korrektur von Wertentscheidungen des Gesetzgebers ermöglichen.

Das Verfahren sei auch nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen. Zwar seien die Schutzbereiche der Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch die Verjährungsregelung des § 2332 BGB betroffen. Der Eingriff in den Schutzbereich sei aber nicht verfassungswidrig. Die Regelung des § 2332 BGB verstoße auch nicht gegen das in Art. 6 Abs. 5 GG normierte Gebot, nichteheliche Kinder den ehelichen gleichzustellen. Ein eheliches Kind, das erst vier Jahre nach dem Erbfall vom Tode des Vaters erfahren habe, könnte seine Ansprüche aus § 2329 BGB ebenfalls nicht mehr durchsetzen.

Die Beklagten seien ferner nicht aus § 242 BGB gehindert, sich auf die Verjährungseinrede zu berufen. Der Kläger habe bereits nicht im Einzelnen dargelegt, dass und wie die Beklagten ihn durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten hätten. Soweit er dazu eher pauschal ausführe, dass sowohl der Erblasser als auch seine Mutter ihm gemeinschaftlich bewusst und gewollt Informationen über seine wahre Abstammung vorenthalten hätten und dieses arglistige Verhalten von den Beklagten fortgeführt worden sei, sei dieser zweitinstanzliche neue Vortrag zudem bestritten und habe gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unberücksichtigt zu bleiben.

II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die vom Kläger gemäß § 2329 Abs. 1 und 3 BGB geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht durchsetzbar sind, weil die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift (§ 214 Abs. 1 BGB).

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger nach rechtskräftiger und rückwirkender Feststellung der Vaterschaft des Erblassers zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge im Sinne der §§ 1924 Abs. 1, 2303 Abs. 1 S. 1 BGB zählt und als Miterbe Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung gemäß § 2329 Abs. 1 und 3 BGB

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