Wenn jemand in Deutschland einen Erbschein beantragt, werden neben dem Antragsteller andere Beteiligte nur beschränkt hinzugezogen (vgl. § 345 Abs. 1 FamFG); eine Veröffentlichung des Antrags etwa im eBAnz erfolgt nicht, obwohl die Existenz anderer Testamente denkbar ist. Anders ist es theoretisch beim Europäischen Nachlasszeugnis. Wer ein solches Zeugnis beantragt, soll[52] ein umfangreiches Formular ausfüllen und beim Nachlassgericht einreichen. Art. 66 Abs. 4 EU-ErbVO bestimmt sodann: Die Ausstellungsbehörde (= Nachlassgericht) "unternimmt alle erforderlichen Schritte, um die Berechtigten von der Beantragung eines Zeugnisses zu unterrichten. Sie hört, falls dies für die Feststellung des zu bescheinigenden Sachverhalts erforderlich ist, jeden Beteiligten, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter und gibt durch öffentliche Bekanntmachung anderen möglichen Berechtigten Gelegenheit, ihre Rechte geltend zu machen." Beteiligte sind anscheinend nur für die Sachverhaltsfeststellung zu hören; "Berechtigte" sind zu unterrichten, an "mögliche Berechtigte" ist öffentlich bekanntzumachen. Wer das ist, ist unklar. Im deutschen Recht gibt es sie nicht; wir hören z.B. keine Gläubiger oder Schuldner des Erblassers bei der Klärung des Erbrechts an, auch nicht das Erbschaftsteuerfinanzamt, die Gemeinde oder die Nachbarn, obwohl sie daran interessiert sind, wer der Erbe ist. Die Begriffe "Beteiligter" und "Berechtigter" überlagern sich vermutlich.

[52] EuGH ZEV 2019, 350 (Verwendung fakultativ).

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