Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat kürzlich die bundesweit erste Untersuchung zu Preisdifferenzierungen nach Geschlecht vorgenommen. Das Ergebnis: Während es bei Produkten kaum Preisunterschiede nach Geschlecht gibt, müssen bei Dienstleistungen wie Frisierangeboten und Textilreinigung Frauen für die gleiche Leistung deutlich mehr zahlen als Männer.

Dies geht aus der von der Antidiskriminierungsstelle Mitte Dezember 2017 veröffentlichten Studie "Preisdifferenzierungen nach Geschlecht in Deutschland" hervor. Mit der Erstellung der Studie war ein Institut für sozioökonomische Forschung beauftragt worden. Von dessen Forschern wurden auf Grundlage des statistischen Warenkorbs deutschlandweit diejenigen Dienstleistungen und Produktvarianten in den Blick genommen, die gezielt Männer bzw. Frauen ansprechen und weitgehend identische Eigenschaften aufweisen (Beispiel: typengleiche Rasierklingen mit rosa oder blauer Verpackung). Danach weisen von 1.682 untersuchten Produkten 62 (3,7 %) einen Preisunterschied für Männer und Frauen auf.

Anders als bei den Produkten sieht es bei den 381 ermittelten Dienstleistungen aus: Knapp sechs von zehn (59 %) der untersuchten Angebote haben unterschiedliche Preise für Frauen und Männer – das betrifft vor allem die Bereiche Frisier- und Reinigungsgewerbe. Bei Kurzhaarfrisuren macht der Preisaufschlag für Frauen im Schnitt 12,50 EUR aus, die Reinigung von Blusen kostet durchschnittlich 1,80 EUR mehr als die von Hemden. Etwa 89 % der untersuchten Friseurinnen und Friseure bieten Standard-Kurzhaarfrisuren mit ausschließlich nach Geschlecht unterschiedenen Preisen an; ein Drittel der Reinigungen (32 %) verlangen für Herrenhemden und Damenblusen pauschal unterschiedliche Preise.

Um künftig unzulässige Preisdifferenzierungen nach Geschlecht zu vermeiden, empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle entsprechende Selbstverpflichtungen der Branchenverbände. Die Stelle verweist hier auf Österreich: Dort habe die Friseurinnung gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft ein Muster zu geschlechtsneutralen Preislisten erarbeitet. Zahlreiche Betriebe hätten daraufhin ihre Preisgestaltung umgestellt.

Die Antidiskriminierungsstelle empfiehlt außerdem ein regelmäßiges Monitoring im Hinblick auf geschlechtsspezifische Preisdifferenzierung, das beispielsweise beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angesiedelt sein könnte.

"Wenn eine Person allein wegen ihres Geschlechts mehr zahlen muss, dann verstößt das im Grundsatz gegen das Diskriminierungsverbot", bewertete die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, die Ergebnisse der Studie. "Erfreulicherweise ist das im Produktbereich nur sehr selten der Fall. Wir empfehlen aber insbesondere dem Reinigungs- und dem Frisiergewerbe, Dienstleistungen eher nach der konkreten Art der Leistung und nicht pauschal nach dem Geschlecht anzubieten", so Lüders.

Ihren Empfehlungen liegt eine antidiskriminierungsrechtliche Bewertung von Prof. Dr. Maria Wersig von der FH Dortmund zugrunde. Prof. Wersig stellte darin fest, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf die Preisgestaltung von Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit angeboten werden, eindeutig anwendbar ist. Demnach sei es unzulässig, das Geschlecht als pauschalen Näherungswert für Vorlieben der Kundinnen und Kunden zu nutzen. Ebenso dürfe das Geschlecht nicht als "Platzhalter" für den zu erwartenden Aufwand einer Dienstleistung stehen. Genauso wenig zulässig sei es, unterschiedliche Preisbereitschaften von Kundinnen und Kunden anhand des Geschlechts auszuschöpfen.

Die vollständige Studie kann als 215-seitiges PDF-Dokument unter der Adresse http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Expertisen/Expertise_Preisdifferenzierung_nach_Geschlecht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 heruntergeladen werden.

[Quelle: Antidiskriminierungsstelle]

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